Gründungsverträge und Gesellschaftsverträge: Was Sie wissen müssen

Eine Anwältin bespricht etwas mit einem Klienten

Wer ein Unternehmen gründet, denkt an Geschäftsideen, Kundschaft und Finanzierung – aber selten an den Gesellschaftsvertrag. Dabei ist dieser das rechtliche Fundament jeder erfolgreichen Gründung. Wer hat bei wichtigen Entscheidungen das letzte Wort? Und wie können Anteile später übertragen werden? Ein durchdachter Gesellschaftsvertrag regelt diese Fragen, bevor sie zu existenziellen Problemen werden. 

Die Gründung eines Unternehmens erfordert sorgfältige Planung und rechtliche Absicherung. Denn schon vor der eigentlichen Gründung gibt es wegweisende Entscheidungen zu treffen. „Gründer müssen in erster Linie sicherstellen, ob sie alle gesetzlichen Regelungen rund um die Gründung einer GmbH und zugrundeliegende Gesetzestexte kennen“, informiert die Steuerberatungsgesellschaft GoldmanTax. Festzulegen sei außerdem, wie viele Gründungsmitglieder es gebe, wer Geschäftsführer oder Geschäftsführerin werde und wie der Gesellschaftsvertrag gestaltet werden solle.

Gründungsvertrag vs. Gesellschaftsvertrag

Zur Klärung solch grundlegender Fragen dient der Gründungsvertrag. Dieser gilt als die erste verbindliche Vereinbarung zwischen den Gründerinnen und Gründern. Er regelt die Absicht zur gemeinsamen Unternehmensgründung und enthält erste Absprachen über Ziele, Zuständigkeiten und Kapitaleinlagen und stellt damit die „Vorstufe“ zur eigentlichen Unternehmensgründung dar. 

Der Gesellschaftsvertrag hingegen ist das zentrale Rechtsdokument einer bereits gegründeten Gesellschaft. Dieser definiert die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen das Unternehmen am Markt operiert.

Die wichtigsten Bestandteile eines Gesellschaftsvertrages

Der Gesellschaftsvertrag umfasst zahlreiche wichtige Regelungen für das Unternehmen:

  • Zunächst sollten Name und Sitz der Gesellschaft eindeutig festgelegt sein, um die rechtliche Identität des Unternehmens zu bestimmen.  
  • Der Gegenstand des Unternehmens beschreibt den Geschäftszweck und die Tätigkeitsbereiche und bildet den Rahmen für alle geschäftlichen Aktivitäten.  
  • Das Gesellschaftskapital ist ein weiterer essenzieller Bestandteil, der die Höhe und Aufteilung der Einlagen regelt.  

Ebenso unerlässlich sind klare Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten der Gesellschafterinnen und Gesellschafter, einschließlich der Regelungen zur Gewinn- und Verlustbeteiligung.  

Bei Kapitalgesellschaften wie der GmbH spielt auch die Geschäftsführung eine zentrale Rolle. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe betont: „Ohne einen Geschäftsführer ist die GmbH nicht handlungsfähig. Er oder sie führt die Geschäfte der Gesellschaft und vertritt sie nach außen.“  

Ein qualifizierter Gesellschaftsvertrag enthält zudem Regelungen zu Gesellschafterversammlungen, Wettbewerbsverbote und Beschränkungen für die Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie Regelungen für den Todesfall, die Nachfolgeregelungen und Erbfälle abdecken.

Gesellschaftsformen und ihre Besonderheiten

Je nach gewählter Rechtsform gelten unterschiedliche Anforderungen für den Gesellschaftsvertrag. Bei der Kapitalgesellschaft wie einer GmbH ist ein notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag zwingend erforderlich. Als „kleine Schwester“ der GmbH benötigt auch die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkte), kurz UG, einen notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag. Für Personengesellschaften wie Offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG) gilt: Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist nicht zwingend erforderlich, aber ratsam.  

  • Gut zu wissen: Seit 1. August 2022 ist es möglich, sich online im Handelsregister anzumelden. Auch GmbH- und UG-Gründungen sind im notariellen Online-Verfahren durchführbar. Häufig scheitert eine Eintragung einer Gesellschaft in das Handelsregister an einer unzulässigen Firma oder einem zu allgemein beschriebenen Unternehmensgegenstand. Steuerrechtsanwalt Udo Schwerd warnt: „Der Unternehmensgegenstand einer Gesellschaft muss präzise formuliert sein, da zu allgemeine oder pauschale Beschreibungen wie ‚Handel mit Waren aller Art‘ schnell zu einem Eintragungshindernis werden können“. 

Sonderfall Haftung

Ein wichtiger Aspekt bei der Wahl der Rechtsform ist die Haftung. „Der sogenannte Kleingewerbetreibende (Nichtkaufmann) haftet für Verbindlichkeiten aus seiner gewerblichen Tätigkeit unbeschränkt sowohl mit dem Betriebs- als auch mit seinem Privatvermögen. Diese unbeschränkte Haftung kann durch die Wahl einer geeigneten Rechtsform und entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt werden“, schreibt dazu die IHK Aachen. Kapitalgesellschaften sind hingegen haftungsbeschränkt, was bedeutet, dass sie lediglich mit ihrem Gesellschaftsvermögen einstehen müssen.

Änderungen des Gesellschaftsvertrags

Mit der Zeit kann es notwendig werden, den Gesellschaftsvertrag anzupassen. Das Portal Für Gründer weist insbesondere auf folgende Neuregelungen hin: 

  • Neue Gesellschafter: Gerade bei Start-ups, die auf Investorensuche sind oder strategische Partner ins Boot holen wollen, ist dies nicht ungewöhnlich.  
  • Kapitalerhöhung: Im Zuge neuer Gesellschafter oder Gesellschafterinnen kommt dann in der Regel auch frisches Kapital in die Gesellschaft – dies verändert damit das Stammkapital und die auf die Gesellschafter entfallenden Anteile. 

Bei Kapitalgesellschaften wie der GmbH sind Änderungen meist nur mit qualifizierter Mehrheit (75 %) möglich und müssen notariell beurkundet werden. Bei Personengesellschaften ist Einstimmigkeit erforderlich, sofern im Vertrag nichts anderes vereinbart wurde.

Fazit: Ein solides Fundament für Unternehmen

Ein gut gestalteter Gesellschaftsvertrag schafft Klarheit für alle Beteiligten und bildet eine solide Grundlage für das gemeinsame Unternehmertum. Die IHK München und Oberbayern stellt für eine erste Orientierung einen Mustervertrag für eine GmbH-Gründung und weitere Verträge zur Verfügung. Jedoch gibt Petra Busse, stellvertretende Referatsleiterin zu den Themen Firmen- und Gesellschaftsrecht, zu bedenken: „Musterverträge ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.“