Chart of the Week | 10.05.2019

Ausgehandelt?

3 min Lesedauer 10.05.2019

Haben Sie sich neulich mal wieder eine frische deutsche Mango aus dem Supermarkt geholt? Oder Schokolade aus deutschen Kakaobohnen? Natürlich haben Sie das nicht; das hiesige Klima lässt einen Anbau dieser Früchte nicht zu. Die Abwechslung auf unserem Teller verdanken wir dem weltweiten Handel. Auch das Gold für Ihren Ehering wurde vermutlich nicht in Deutschland gefördert. Handel dient aber nicht nur dazu, Produkte dorthin zu bringen, wo es sie sonst nicht gäbe: Im Welthandel spiegelt sich auch die internationale Arbeitsteilung und Spezialisierung, die es ermöglicht, Ressourcen effizienter einzusetzen.

 

Unser Chart der Woche zeigt die Entwicklung des weltweiten Güterhandels seit Mitte der 1980er Jahre. Deutlich sichtbar ist nicht nur der Einbruch im Zuge der Finanzkrise vor mittlerweile rund 10 Jahren. Gut zu erkennen ist auch der Einfluss, den die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft in den Jahren 2015 und 2016 auf den Welthandel hatte – damals sanken nicht nur die Exporte in China produzierter Güter, sondern parallel dazu auch die von China importierten Rohstoffe und Energieträger.

Welthandelsvolumen 1985-2018

Quelle: World Trade Organization, ING Economic & Financial Analysis

Von beiden Einbrüchen hat sich der Welthandel innerhalb von rund 2 Jahren wieder erholt – aber vor allem der Blick auf den langfristigen Durchschnitt lässt erahnen, dass die Zeiten der frühen 2000er Jahre zunächst einmal vorbei sein dürften. Von 2002 bis 2008 war der internationale Austausch von Gütern jedes Jahr um einen deutlich zweistelligen Prozentsatz gewachsen und hatte alleine in diesem Zeitraum um insgesamt fast 150 Prozent zugelegt. Die digitale Vernetzung hatte damals die Internationalisierung von Wertschöpfungsketten begünstigt: Über das Internet war es auf einmal kaum noch ein Problem, überall auf der Welt Lieferanten für ein gewünschtes Produkt zu finden.

 

Doch seit den frühen 2010er Jahren geht das Wachstum im Welthandel eigentlich nur noch auf das Konto des allgemeinen Wirtschaftswachstums – oder entwickelt sich sogar schwächer als dieses: Der Anteil, den aus dem jeweiligen Produktionsland exportierte Waren am Bruttoweltprodukt ausmachen, hatte 1990 noch rund 15 Prozent betragen, war bis 2008 auf über 25 Prozent geklettert und liegt inzwischen wieder einige Prozentpunkte darunter. Zumal sich auch die großen, entwickelten Volkswirtschaften mehr und mehr in Richtung Dienstleistungsgesellschaft verschieben und Dienstleistungen in vielen Fällen eben nicht so einfach von einem Land in ein anderes verkauft werden können, liegt die Vermutung nahe, dass der Welthandel seine besten Zeiten womöglich hinter sich hat.

 

Der Welthandel ist auch das Thema der neuesten Folge unseres Podcasts „Carsten’s Corner“, der auf zahlreichen verschiedenen Plattformen – von Apple Podcasts bis Spotify – verfügbar ist.

Autor: Sebastian Franke