Der lange Weg ans Ziel – Über den Autogipfel und die Elektroautos

Chart of the Week

4 min Lesedauer 28.06.2019

Vertreter aus Politik, Unternehmen, Gewerkschaften und Verbänden kamen diese Woche im Bundeskanzleramt zusammen, um über die Zukunft der Automobilindustrie zu sprechen. Denn technologische Veränderungen und Klimapolitik machen der größten deutschen Industrie zu schaffen. Bei diesem Autogipfel wurde daher wieder viel diskutiert, jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dem Verlaute nach wurden an dem Abend (mal wieder) große Ziele gesteckt. Dieses Mal unter dem Namen „Masterplan Ladeinfrastruktur“.

 

Mithilfe dieses Plans sollen bis zu 10 Millionen Elektroautos bis 2030 mit Strom versorgt werden, doch wie genau die Umsetzung aussehen wird und vor allem wie und von wem das Ganze finanziert werden soll, steht noch nicht fest. Die 10 Millionen Elektroauto-Marke sind laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nötig, um die Klimaschutzziele bis 2030 zu erreichen. Um diese Anzahl auch mit Strom zu versorgen, sind 300.000 öffentliche Ladepunkte nötig. Außerdem wollen dann auch noch 500.000 Nutzfahrzeuge mit ans Netz, wenn es nach dem Verkehrsminister geht.

Ein langer Weg bis ans Ziel (Stand elektrisch betriebener Fahrzeuge zum 01. Januar 2019 und Ladepunkte sowie Ziele der Regierung; in Einheiten)

 Doch der Weg bis ans Ziel scheint unendlich lang, wie unser Chart der Woche zeigt. Nimmt man alle Pkw, die in irgendeiner Weise mit Strom fahren können, zusammen, dann klingen fast 500.000 Fahrzeuge gar nicht schlecht. Doch rein elektrisch fahren davon gerade einmal 83.175. Der Großteil entfällt auf Hybride (341.411), die lediglich während des Fahrvorgangs aufgeladen werden können und nicht über eine externe Aufladungsmöglichkeit verfügen. Heißt, ohne fossile Brennstoffe läuft hier nichts. Daher fließen die Hybridfahrzeuge auch nicht in das zu erreichende 10-Millionen Ziel mit ein. Bei den Nutzfahrzeugen sind laut KBA derzeit insgesamt 17.847 elektrisch betriebene Lkw zugelassen, hier entfällt der Großteil auf rein elektrische Lkw mit einer Nutzlast von unter einer Tonne.

 

Sprich: In den nächsten zehn Jahren müssen noch weit mehr als 9 ½ Millionen elektrisch fahrende Fahrzeuge hinzukommen. Zumindest die Wachstumsraten weisen dabei in die richtige Richtung, Elektrofahrzeuge konnten gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von 54,4% vorweisen, der Bestand an Plug-In Hybriden stieg um 50,8%. Hohes Wachstum bei geringem Volumen ist hier die Devise – denn gemessen am Gesamtbestand fristen Elektroantriebe immer noch ein eher klägliches Dasein, mit einem Anteil am Gesamtbestand von 0,1% für Elektroautos und 0,2% für Plug-In Hybride.

 

Von den 300.000 geplanten öffentlichen Ladepunkten gibt es laut BDEW derzeit 17.400. Das reicht für die aktuelle Anzahl an Elektroautos mehr als aus. Aber auch die geplanten 300.000 Ladepunkte dürften die Versorgung für 10 Millionen Elektroautos sicherstellen, wie im Rahmen des Projekts LADEN2020 ermittelt wurde. Sofern zumindest die Ladepunkte gut platziert sind, das heißt an Wohnorten, Parkhäusern, Hauptverkehrsstraßen und im Fernverkehr. Gerade für Personen, die an ihrem Wohn- oder Standort keine Möglichkeit zum Laden haben, ist der Aufbau einer funktionierenden öffentlichen Ladeinfrastruktur daher unabdingbar. Die Niederlande und Norwegen machen vor, wie eine funktionierende Infrastruktur aussieht.

 

An Plänen, Masterplänen oder sonstigen Initiativen mangelt es dabei fürwahr nicht. Dafür aber an der Umsetzung. Denn wenn diese Ziele tatsächlich bis 2030 erreicht werden sollen, dann müssen sie auch mal angepackt werden. Bereits seit 2009 schlummert der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität in den Schubladen. Das Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Markt zu bringen und Deutschland zum Leitmarkt der Elektromobilität zu entwickeln, wurde – milde gesagt – nur ganz leicht verfehlt...

Autor: Inga Fechner