Wenn Whisky sich bezahlt macht │19.11.2018

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Der 3. Oktober 2018 wird für Whiskykenner in die Geschichtsbücher eingehen. Denn an diesem Tag wurde eine Flasche der edlen Spirituose für fast eine Million Euro versteigert. Der "Macallan Valerio Adami 1926" kam in Edinburgh unter den Hammer und erzielte die Rekordsumme von 848.750 Pfund. "Tatsächlich mag die Geldanlage in Alkohol sehr unkonventionell klingen", sagt Stephan Witt von der Finum Private Finance AG in Berlin. Doch eine Investition kann sich durchaus lohnen. "Besondere Voraussetzungen an den Anleger sind dabei kaum zu beachten, und schon mit vergleichsweise wenig Kapital lässt sich eine recht ansehnliche Rendite erzielen." Auch Marco Jansen von der Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltungsgesellschaft und Gesellschafter von Whisky Investments schätzt den Markt positiv ein. Zwar sind die Preise für Whisky in jüngerer Vergangenheit gestiegen, aber vor allem eine wachsende Nachfrage speziell aus Asien treffe auf eine nur begrenzte Angebotsmenge.
Erst informieren, dann investieren
Doch eine flüssige Geldanlage verlangt zunächst Wissen. Vermögensberater Gunther Hemmann von der Isfinance AG in Dessau-Roßlau warnt unbedarfte Anleger: "Es gibt vieles zu beachten." Eine Faustregel: Je älter der Whisky, desto wertvoller wird er. Allerdings sind wirklich alte Flaschen nur noch schwer zu bekommen. "Es gibt zwar viele der alten Brennereien noch, auch wenn 90 Prozent über die Jahre kaputt gegangen sind", sagt Horst Lüning, Marketing- und IT-Manager bei Whisky.de und Betreiber eines Videoblogs zu dem Getränk. Deren Flaschen sind allerdings längst in Sammlerhänden. Davon noch eine zu finden, eine Ferintosh (Ben Wyvis bis 1893) zum Beispiel, "so was ist nahezu unmöglich". Bei Liebhabern besonders begehrt sind "Tropfen" von sogenannten "lost destilleries". Das sind Brennereien, die es schon lange nicht mehr gibt, von denen aber zum Teil noch Lagerbestände vorhanden sind. So werden etwa von der bereits 1983 geschlossenen Destillerie Port Ellen auf der schottischen Insel Islay seit Jahren limitierte Abfüllungen verkauft. Das ist "sicher eine gute Wertaufbewahrung für freie Liquidität", preislich aber seien diese schon sehr weit oben, sagt Hemmann.
Wenn Flaschen Geschichte schreiben
Besondere Wertsteigerungen gibt es bei Whisky, hinter denen sich eine interessante Geschichte verbirgt. So wurden 2007 zwei Kisten Mackinlay-Whisky des Polarforschers Ernest Shackleton in der Antarktis entdeckt. Sie wurden dort 1909 zurückgelassen. Zwar kam keiner dieser Schätze in den Verkauf. Es wurden jedoch Proben genommen und daraus ein neuer Whisky kreiert. "Diese Abfüllung war limitiert – das war eine hundertprozentige Nummer für Preissteigerungen", sagt Lüning. "Die Story steigert die Preise." Ein weiteres Beispiel ist der Snow Phoenix von Glenfiddich, dessen Fässer nach Wochen in Eis und Schnee unter einem eingestürzten Lagerhaus geborgen wurden. "Ob er dadurch besser wurde, bleibt fraglich", betont Anlageberater Hemmann. "Die Verpackung und die Geschichte steigerten den Wert von 60 Euro auf mittlerweile mehr als 700 Euro."
Auf neue Brennblasen achten
Wie der allererste Wagen einer neuen Baureihe in der Regel gleich ins Firmenmuseum wandert, haben auch die Erstabfüllungen einer neu in der Brennerei installierten Brennblase einen besonderen Wert. Sie werden von den Brennereien mittlerweile schon versteigert, so beliebt seien diese, betont Lüning. Allerdings kommen Investoren, die gerade erst beginnen ohne gute Kontakte kaum an solche Flaschen heran. Er rät deshalb zur Suche nach neuen Destillen. Derzeit tauchen viele kleine neue Brennereien auf. "Und da ergibt sich immer wieder die Chance, von diesen Erstabfüllungen etwas zu kaufen." Wermutstropfen im Whisky: "Die Brennereien geben relativ wenig von den Flaschen raus, so dass die rund um den Globus reißende Abnehmer finden", sagt Lüning. Es kann sich laut Lüning daher lohnen, nach jüngeren Abfüllungen zu schauen. Sie sind noch verhältnismäßig günstig, also erschwinglich mit Preisen von 70 Euro aufwärts.
Auf die richtige Abfüllung kommt es an
Gute Investitionen hängen nicht allein von dem Namen ab, sondern vielmehr von speziellen Abfüllungen. Ein wertvoller Whisky weist zum Beispiel eine Limitierung auf, es war also ein Fass oder eine kleine Menge von Fässern – die "small batches", erklärt Lüning. Vor allem Abfüllungen zu bestimmten Anlässen wie Jubiläen können sich rentieren. Und hat man sich doch einmal mit seiner Investition in Whisky verkalkuliert, besitzen Anleger erstklassige Whiskeys, die sie dann immerhin noch selbst genießen können.
Autor: ING