Airlines: Unerwartet solider Kurs
Fluggesellschaften kehren langsam zu alter Stärke zurück.
Eine Analyse von BÖRSE ONLINE, Martin Hintze | Werbemitteilung
Delta macht den Airlines derzeit schwer zu schaffen. Und es geht nicht um die Fluggesellschaft dieses Namens, sondern um die Variante des Corona-Virus, die derzeit für erneut steigende Inzidenzen sorgt. Die Furcht der Manager*innen: Werden insbesondere Urlaubsregionen zu Hochrisikogebieten erklärt, dann halten sich private Reisende wieder zurück. Und gerade die Urlaubenden sind es, die aktuell die noch eher spärlichen Erträge in die Kassen der Carrier spülen.
Dabei hinkt Europa der Entwicklung etwa in den USA deutlich hinterher. So teilte beispielsweise Delta Air Lines mit: „Der inländische Freizeitverkehr hat sich vollständig auf das Niveau von 2019 erholt, und es gibt ermutigende Anzeichen für eine Verbesserung im Geschäfts- und internationalen Reiseverkehr.“ Und Beobachter*innen meinen, dass die Branche insgesamt von einer aufgestauten Reisenachfrage sowie von während der Krise gespartem Geld vieler Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren könnte.
Unterm Strich stehen die Fluggesellschaften tatsächlich besser da, als nach eineinhalb Jahren Pandemie zu erwarten gewesen wäre. Bereits vor der Krise hatten Konsolidierungen und verschlankte Geschäftsmodelle dafür gesorgt, dass die Unternehmen erfolgreicher arbeiteten. Dabei zeigten vor allem Low-Cost-Carrier, wie man Geld verdient. Schwerer hatten es da die etablierten (oft ehemaligen Staats-) Gesellschaften. Sie schleppten unrentable Verbindungen mit – durften sich aber auch deutlich stärker als andere über staatliche Hilfen in Corona-Zeiten freuen.
Vorsichtiger Start
Jetzt wird in den Vorstandsetagen aber fast nur noch über „die Zeit nach Corona“ gesprochen. Und es gibt ermutigende Zeichen: So wagte Anfang Juli die gerade zwei Jahre alte isländische Fluggesellschaft Play den Gang an die US-Börse Nasdaq. Und Vorstandschef Birgir Jónsson hat große Pläne: „Ich denke, dass wir endlich mit dem Wiederaufbau der isländischen Luftfahrt- und Tourismusbranche beginnen können“, sagte er anlässlich des Börsengangs. Play fliegt vor allem zu europäischen Destinationen, darunter Berlin.
Zwei Wochen nach dem Play-Börsengang erfolgte der Erstflug einer deutschen Lufthansa-Tochter: Ein Airbus der Eurowings Discover steuerte Mombasa und Sansibar an. Mit zurzeit drei Maschinen will die Kranich-Linie den klassischen Ferienfliegern Condor und Tuifly Konkurrenz machen. Bis Mitte nächsten Jahres soll die Flotte bereits 21 Flugzeuge umfassen. Zwar hebt Eurowings Discover in einer holprigen Marktphase ab, doch der Plan, den Wettbewerbern interessante Zielgruppen abzujagen, ist zumindest vielversprechend. Das allerdings reicht noch nicht, um die Aktie der Lufthansa derzeit auf eine Liste interessanter Wertpapiere zu setzen.
Im Steigflug
Dort finden sich – trotz der stets drohenden Währungsrisiken – amerikanische Fluggesellschaften wie American Airlines und Delta Air Lines. Beide verfügen über umfassende Liniennetze. Und sie haben den Weg zurück in die Profitabilität bereits eingeschlagen. American Airlines erzielte im zweiten Quartal erstmals seit Langem wieder einen Minigewinn von 19 Millionen Dollar (rund 16 Millionen Euro). Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatte das texanische Unternehmen noch einen Verlust von mehr als zwei Milliarden Dollar verbucht. Und obwohl Washington dem Konzern mit Milliarden aus der Patsche helfen musste, verfügt die Fluggesellschaft nun über liquide Mittel in Höhe von 21,3 Milliarden Dollar – Rekord in der Firmengeschichte. Zudem freute sich Delta im zweiten Quartal sogar über einen Ertrag von 652 Millionen Dollar, der allerdings ebenfalls nur dank staatlicher Unterstützung möglich war. Zwar befindet sich der Konzern aus Atlanta in einem Preiswettbewerb und ködert Passagiere vor allem über günstige Tickets. Dennoch schafft er es so, die Nachfrage zu steigern. Das Quartalsergebnis fiel besser aus, als Analystinnen und Analysten es erwartet hatten.
Steil bergauf geht es für Billigflieger wie Wizz und Ryanair. Die irische Airline hat gerade angekündigt, in den nächsten Jahren 2000 neue Pilotinnen und Piloten anzuheuern. Damit wollen sie das erhoffte Volumengeschäft im Niedrigpreis-Segment bewältigen. Und dass das funktioniert, haben die Unternehmen in diesem Bereich stets gezeigt: Kosten reduzieren, Auslastung optimieren und Wachstum vorantreiben. Kein Wunder, dass derzeit viele Fachleute nicht nur Ryanair, sondern auch den ungarischen Wettbewerber Wizz für attraktive Werte halten. Anlegende sollten jedoch unbedingt die Corona-Situation im Blick und einen mittleren bis langen Investmenthorizont haben, falls sie die Aktien genauer unter die Lupe nehmen möchten.
Airline-Fans können natürlich auch einen Blick in noch fernere Gefilde werfen, wenn es um Anlagemöglichkeiten geht. Die brasilianische Latam etwa, die aus der Fusion von TAM Linhas Aéreas und der chilenischen LAN Airlines hervorging, hat im von Corona gebeutelten Südamerika zwar aktuell keinen leichten Stand. So liegt das internationale Geschäft immer noch bei einem Fünftel der Vorkrisen-Ära. Aber: Die Fluggesellschaft gibt sich optimistisch, da Auslastung und steigende Nachfrage positive Signale sendeten.
Mäßiges Flugwetter
Singapore Airlines ist eine feste Größe im gehobenen Preissegment. Und die Fluggesellschaft hat über viele Jahre gut gewirtschaftet. Das zahlte sich in der Krise aus. Die Flotte blieb nahezu unverändert, wenn auch die Belegschaft um einen Teil reduziert wurde. Dennoch: Der Carrier aus dem Stadtstaat hat seine Position vor allem in Südostasien festigen können. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass auch Singapore Airlines seine Stärke nicht zuletzt einer üppigen Finanzspritze des staatlichen Anteilseigners Temasek Holdings zu verdanken hat.
Investor*innen, die sich für die Aktien von Fluggesellschaften interessieren, sollten stets berücksichtigen, dass sich der Markt in einer Erholungsphase befindet, die noch einige Monate anhalten dürfte. Rückschläge sind dabei durchaus wahrscheinlich. Trotzdem steht die Branche deutlich besser da, als vor einem Jahr zu befürchten war.
Investmentbeispiele Aktien:
Name | ISIN | Aktueller Kurs | KGV* (2021) | Gewinn/Aktie (2021**) | Dividende (2021**) | Dividendenrendite (2021**) |
---|---|---|---|---|---|---|
American Airlines | US02376R1023 |
17,41 € | V*** | V*** | 0,00 € | 0,0 % |
Delta Air Lines | US2473617023 |
33,70 € | 53,0 | 0,63 € | 0,03 € | 0,1 % |
LATAM Airlines | US51817R1068 |
2,04 € | V*** | V*** | 0,00 € | 0,0 % |
Ryanair**** | IE00BYTBXV33 |
17,06 € | 12,4 | 1,33 € | 0,02 € | 0,1 % |
Singapore Airlines**** | SG1V61937297 |
3,07 € | 415,0 | 0,00 € | 0,00 € | 0,0 % |
Wizz Air**** | JE00BN574F90 |
61,69 € | 16,9 | 3,49 € | 0,00 € | 0,0 % |
*KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis; ** Prognose; Fremdwährungen umgerechnet in Euro; *** V: Verlust; ****: Geschäftsjahresende 31.3.; Stand: 6.8.2021