Gender Wealth Gap

Vermögensunterschiede zwischen Frauen und Männern

5 min Lesedauer 15.01.2024
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Einkommen und Vermögen sind zwischen den Geschlechtern höchst ungleich verteilt. Weltweit verdienten Frauen durchschnittlich rund 23% weniger als Männer, sagt Tobias Hauschild, Leiter Politik und Kampagnen bei Oxfam Deutschland. „Sie sind zudem häufiger in schlecht bezahlten Jobs und unter prekären Arbeitsbedingungen tätig“.

Dies sei auch ein zentraler Grund dafür, dass Männer im Schnitt 50% mehr Vermögen besäßen als Frauen. „Eine weitere Folge der geringeren Einkommen ist, dass Frauen deutlich schlechter sozial abgesichert sind und weitaus seltener Anspruch auf eine Rente haben”, betont Hauschild.

Kochen, putzen, pflegen

Diese Ungleichheit liege vor allem darin begründet, dass Frauen den Löwenanteil an unbezahlter Hausarbeit, Pflege und Fürsorge übernähmen. Kochen, waschen, putzen, einkaufen, Kinder erziehen, Kranke versorgen – diese Arbeiten werden laut Hauschild weltweit zu rund drei Vierteln von Frauen gestemmt.

„Frauen und Mädchen leisten täglich rund 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Pflege-, Fürsorge- und Hausarbeit, ohne dass dieser Wert gesellschaftlich und ökonomisch anerkannt wird”, erklärt der Experte von Oxfam. Und er hat noch eine Zahl parat: Weltweit könnten 42% aller Frauen, aber nur 6% aller Männer im erwerbsfähigen Alter wegen Fürsorge- und Pflegeaufgaben nicht arbeiten gehen und verdienten somit kein Geld.

In der Corona-Pandemie habe sich die Ungleichheit noch verschärft: „Frauen sind überproportional in den Sektoren beschäftigt, die mit am stärksten von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind”, sagt Hauschild, etwa im Tourismus und in der Gastronomie. Frauen seien häufiger Opfer der wirtschaftlichen Corona-Folgen.

Deutschland holt langsam auf – außer beim Gehalt

Eine Analyse der Stiftung des Weltwirtschaftsforums (WEF) zeigt: Deutschland holt wieder auf in Sachen Gleichberechtigung. Laut dem Global Gender Gap Report 2023 belegt Deutschland in einem internationalen Gleichstellungsindex Platz 6 von 146 Ländern. Im Coronajahr 2021 lag Deutschland hingegen auf Platz 11. Die Verbesserung liegt laut Analyse vor allem an der gestiegenen Anzahl an weiblichen Abgeordneten im Bundestag. Aber: Vor allem beim Indikator für Lohngleichheit bei vergleichbarer Arbeit schneidet Deutschland schlecht ab – und belegt den 89. Platz. Beim geschätzten Erwerbseinkommen ist das ungleiche Verhältnis zwischen Männern und Frauen besonders groß und Deutschland liegt hier sogar auf dem 102. Platz im internationalen Vergleich.

An der Spitze platzierte sich zum 14. Mal in Folge Island, gefolgt von Norwegen, Finnland und Schweden. Auf den letzten Rängen landeten Algerien, Tschad sowie als Schlusslicht Afghanistan. Schon 2019 kam das WEF zu dem Schluss, dass es bei gleichbleibenden Trends 95 Jahre bis zu Gleichstellung dauern würde – nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre sind es 131 Jahre. In Europa könnte es jedoch schneller gehen: Hier rechnet das WEF mit 67 Jahren.

Gender Wealth Gap ist schwer ermittelbar

Im Vergleich zum Gender Pay Gap sei der Gender Wealth Gap relativ unerforscht, sagt Aline Zucco, die im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung im Referat Verteilungsforschung tätig ist. „Was vor allem daran liegt, dass das Vermögen in den Befragungsdaten meist im Haushaltskontext abgefragt wird und nicht wie der Lohn auf Individualebene”, erklärt Zucco.

Allerdings konnten Studien, die sich auf Einpersonenhaushalte konzentrierten, beobachten, dass der Gender Wealth Gap vor allem in den oberen Vermögensgruppen entsteht, wie die Expertin weiter berichtet. „Weil reiche Männer ein deutlich höheres Einkommen haben als reiche Frauen.”

Vermögensverhältnisse zum Renteneintrittsalter

Welches Vermögen beiden Geschlechtern zum Renteneintritt zur Verfügung steht, hat außerdem eine internationale Studie von WTW in Zusammenarbeit mit dem Weltwirtschaftsforum untersucht. Das Ergebnis des 2022 veröffentlichten „WTW Global Gender Wealth Equity Reports“: Frauen erreichen in Deutschland bei ihrem Eintritt in den Ruhestand durchschnittlich 76% des Vermögens der Männer. Ein Grund dafür: „In Deutschland herrscht ein Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen und ein unverhältnismäßig hoher Anteil an unbezahlter Betreuungsarbeit, die Frauen leisten. Dies gehört zu den Herausforderungen bei der Schaffung eines angemessenen Ruhestandvermögens“, sagt Florian Frank, der den Bereich Work & Rewards bei WTW Deutschland leitet.

Frauen wissen oft zu wenig über Finanzthemen

Aline Zucco betont, der wohl wichtigste Grund für die Vermögensbildung sei das Erwerbseinkommen. „Weitere Aspekte, die den Gender Wealth Gap erklären können, sind, dass Frauen im Schnitt weniger Vermögen anlegen und weniger finanzielle Bildung haben”, sagt Zucco. Frauen hätten etwa weniger Kenntnisse zu Inflationsrisiken oder zu Risikodiversifizierung. Hier bestehe Handlungsbedarf.

Die Investmentplattform für Frauen Ellevest befasst sich unter anderem in „What’s the Gender Wealth Gap, and How Can We Close it?“ mit der Bekämpfung der Vermögensunterschiede und erinnert Frauen daran, unter anderem

  • mit dem Investieren zu beginnen,
  • für eine Gehaltserhöhung zu kämpfen und
  • bei einem Jobwechsel darauf zu achten, dass das Unternehmen sich für das Thema Gleichstellung einsetzt.

Fünf Finanztipps für „Teilzeit ohne Verluste“ gibt der Bankenverband. „Egal ob freiwillig oder weil es nicht anders geht – es lohnt sich in jedem Fall, Teilzeitarbeit und berufliche Auszeiten bewusst zu planen“, schreibt der Verband auf seiner Website. „Das heißt vorab: das erwartete Netto-Gehalt berechnen, Rentenlücken berücksichtigen und finanziell vorsorgen!“ Die Hinweise reichen von Planungstools wie dem Teilzeit-Netto-Rechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über Budgets und Notgroschen bis hin zu Altersvorsorge und Sparplänen.

Denn: Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts infas quo, die im Auftrag des Bankenverbands entstand, ergab, dass sich jede zweite Frau im Alter nicht gut aufgestellt sieht, Frauen wesentlich weniger Geld zurücklegen als Männer und dass nur 30% der Frauen Aktien, Fonds oder andere Wertpapiere besitzen.

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