Immobilienmarkt 2022

Hohe Preise, niedrige Zinsen: Platzt bald die Blase?

Bauen-Wohnen 6 min Lesedauer 11.01.2022
Immobilienmarkt 2022

Die Preise für Wohnimmobilien steigen bereits seit 2010 immer weiter deutlich an – und auch für 2022 scheint kein Ende des Booms in Sicht. So erwarten es jedenfalls die meisten Experten. Nur wenige von ihnen glauben an das Platzen einer Immobilienblase. Wir wagen einen Ausblick auf das neue Jahr und beantworten folgende Fragen:

  • Wie sehen die aktuellen Zahlen und Daten zum Immobilienmarkt aus?
  • Wie kommt es zu den immer weiter steigenden Preisen?
  • Was bedeuten sie für Käufer*innen und Mieter*innen?
  • Wie geht es 2022 weiter?

Preise zogen 2021 kräftig an – besonders in deutschen Metropolen

Im vergangenen Jahr hat sich der seit Jahren bestehende Preisauftrieb noch beschleunigt. So verteuerten sich Wohnimmobilien im zweiten Quartal im Schnitt um 10,9% zum Vorjahreszeitraum. Laut Statistischem Bundesamt Destatis (Wiesbaden) ist das der stärkste Anstieg seit rund 20 Jahren. Dass das kein einmaliges Phänomen war, zeigte sich im ersten Quartal 2021: Hier gab es ein Plus von 9,4%. Die Preise kletterten sowohl in den Städten als auch in ländlichen Regionen. Die Zahlen im Detail:

  • Ein besonders starker Preisanstieg für Ein- und Zweifamilienhäuser wurde erneut in den „TOP 7“-Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf beobachtet. Dort erhöhten sich die Preise im zweiten Quartal 2021 um sogar 14,7% gegenüber dem Vorjahresquartal.
  • Eigentumswohnungen verteuerten sich hier im selben Zeitraum um 12,9%.
  • Auch in anderen kreisfreien Großstädten stiegen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahr um 11,9% an.
  • Eigentumswohnungen kosteten dort 10,5% mehr.

Übrigens: Corona hat viele Arbeitnehmer ins Home Office gebracht. Nicht zuletzt deshalb ist die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien derzeit weniger stark als nach Privateigentum und deren Markt deutlich entspannter.

Wohl keine Blase, die 2022 platzen könnte

Für 2022 geht die DZ Bank (Frankfurt/Main) davon aus, dass sich der Anstieg der Immobilienpreise etwas abschwächen wird, wenngleich die Kurve weiter nach oben geht. Sie rechnet damit, dass die Preise für Eigenheime und Eigentumswohnungen 2022 „nur“ um 7,5 bis 9,5% klettern. Ein verlangsamtes Bevölkerungswachstum sowie ein stärkerer Neubau sollten nach ihrer Einschätzung den Preis- und Mietenanstieg dämpfen.

Dass Kaufpreise und Mieten auf jeden Fall weiter steigen werden, damit rechnet auch Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (Köln). Gerade Einfamilienhäuser im Umland von Metropolen seien gefragt, so Voigtländer. Eigenheime verteuerten sich dort oft stärker als in den Großstädten selbst.

Auch Ulf Schelenz, Geschäftsführer des Grundeigentümer-Verbands Hamburg, teilt diese Einschätzung. Gleichzeitig betont der Experte, dass es sich trotz hoher Preise um keine Immobilienblase handele. „Sicherlich haben wir einen extrem angespannten Markt. Wir haben sehr hohe Immobilienpreise – aber die sind noch real und werden am Markt entsprechend gezahlt. Darum würde ich noch nicht davon ausgehen, dass wir von einer Immobilienblase sprechen dürfen“, erklärt Schelenz. Sein Rat an Eigentümer*innen und Mieter*innen: „Nur nicht kirre machen lassen - auch hier sind Ruhe und Gelassenheit entscheidend.“

Anders sieht die Einschätzung der Bundesbank (Frankfurt/Main) aus: „Unseren Berechnungen zufolge liegen die Preise von Wohnimmobilien um 10 bis 30% über dem Wert, der durch Fundamentaldaten gedeckt ist. Das sehen wir zunehmend auch außerhalb von Ballungsräumen“, warnte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch bereits im November 2021. Allerdings spricht die Notenbank ähnliche Warnungen vor Überbewertungen schon seit Jahren aus – und die Preise steigen dennoch immer weiter.

Niedrige Zinsen führen zum Immobilien-Boom

Was sind die Gründe für die hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien und die damit einhergehende Verteuerung? Schelenz vom Grundeigentümer-Verband Hamburg nennt sechs Faktoren:

  1. Die Niedrigzinspolitik der EU
  2. Allgemeiner Mangel an Wohnraum in Deutschland
  3. Erhöhte Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt durch Immigration
  4. Steigende Energie-, Material- und Lohnkosten
  5. Die Gesetzesänderung (§656c BGB) , dass nun bundesweit Eigentümer die Hälfte der Maklercourtage zu tragen haben – was oft den Kaufpreis nach oben treibt
  6. Eine Flucht in Sachwerte in Zeiten der Pandemie

Der erstgenannte Faktor ist nach Schelenz‘ Analyse der entscheidende. Bereits seit Jahren sind aufgrund der Niedrigzinsphase vermehrt Menschen in der Lage, ein Immobiliendarlehen aufzunehmen und abzuzahlen.

Dabei sieht der Immobilienfachmann keine Anzeichen dafür, dass die Zinssätze demnächst in die Höhe schnellen dürften. Er erklärt die Situation für die Verbraucher so: „Wenn die Preise weiterhin steigen, kann es natürlich sein, dass die EU ihre Zinspolitik ein wenig ändert und die Zinsen etwas anzieht. Das würde bei Verbraucher*innen sicherlich dazu führen, dass diese Kredite nicht mehr bedienen können und so der eine oder andere Hausverkauf stattfinden wird. Für panikartige Herdenverkäufe, die eine Immobilienblase zum Platzen bringen könnten, würde ich allerdings zum jetzigen Zeitpunkt auch im Fall leicht gestiegener Zinsen keinerlei Anzeichen sehen.“

Pläne für den angespannten Wohnungsmarkt

Der Hamburger Grundeigentümer-Verbandschef Schelenz weist auf die Bedeutung der staatlichen Wohnungsbaupolitik in der jetzigen Situation hin: „Wichtig ist vor allem die große Unbekannte, wieviel neu gebaute Wohnungen auf den Markt geworfen werden, zu denen ja auch Eigentumswohnungen gehören.“

SPD, Grüne und FDP planen, jährlich rund 400.000 neue Wohnungen zu schaffen. Das Kalkül der Ampelkoalition: Mehr Neubau, eine verlängerte Mietpreisbremse sowie eine stärkere Begrenzung von Mieterhöhungen sollen den Wohnungsmarkt entspannen und den Preisanstieg für Käufer*innen und Mieter*innen bremsen.

Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank, hält dieses Ziel allerdings für sehr ambitioniert. „Wie das gelingen soll, bleibt völlig offen.“ Die Bauwirtschaft arbeite bereits an der Kapazitätsgrenze, und auch die verlängerte Mietpreisbremse werde den Neubau nicht steigern.

Reinhard Quast, der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (Berlin), hält die Zahl von 400.000 neuen Wohnungen ebenfalls für unrealistisch. „Technisch ist das machbar, aber es fehlen Grundstücke und Baugenehmigungen“, erklärt er. In Deutschland dauere es Jahre, Genehmigungen zu bekommen und Flächen in Bauland umzuwandeln.

Fazit: Wie geht es 2022 auf dem Immobilienmarkt weiter?

Nach Einschätzungen der Experten ist in Summe wenig Entspannung auf dem Immobilienmarkt in Sicht – aber wohl auch keine Blase. Das gilt sowohl für Ein- und Zweifamilienhäuser als auch für Wohnungen. Spannend wird es sein, wie die Zinspolitik EZB der im Jahr 2022 aussehen wird. Schließlich könnten steigende Zinsen die Nachfrage nach Immobilien senken und damit die Dynamik etwas ausbremsen. Auch das weitere Vorgehen der Ampelregierung könnte Einfluss auf den Preisanstieg am Immobilienmarkt nehmen.

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