Jahresausblick 2022

Welche Themen bewegen die Märkte?

Geldanlage 5 min Lesedauer 12.01.2022
Mädchen kritzelt Zeichnung ans Fenster

„Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“ Dieses Sprichwort bewahrheitete sich in der Rückschau des Öfteren. Dennoch ist es eine gute Tradition, zum Jahreswechsel einen Blick voraus auf die kommenden Monate zu werfen.

Corona – gekommen, um zu bleiben?

Wie schon Anfang 2021 steht auch der Beginn dieses Jahres im Zeichen der Corona-Pandemie. Zwar sind inzwischen mehrere Impfstoffe verfügbar, doch Mutationen des Virus bremsen eine stärkere Erholung der Volkswirtschaften in vielen Ländern immer wieder aus. Einerseits leidet die Kauflaune der Verbraucherinnen und Verbraucher unter verschärften Maßnahmen wie derzeit „2G“ oder „2G plus“. Andererseits reagiert insbesondere China im Falle eines neuen Ausbruchsgeschehens rigoros und riegelt zum Schutz vor einer Ausbreitung des Virus schnell ganze Häfen ab. In einer globalisierten Welt bleibt dies allerdings nicht ohne Auswirkungen auf die Lieferketten.

Zeigte der ifo Geschäftsklimaindex im Sommer 2021 eine positive Stimmung unter den hiesigen Unternehmen an, hat sich diese aufgrund der anhaltenden Lieferkettenproblematik und der vierten Corona-Welle im zweiten Halbjahr 2021 deutlich eingetrübt. Mitte Dezember 2021 senkten u. a. das ifo Institut und das Institut für Weltwirtschaft (IfW) ihre Prognosen für das Wachstum der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahr. Statt eines Anstiegs um 5,1 % rechnen die Institute 2022 nun mit einem weniger dynamischen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 3,7 % (ifo) bzw. 4,0 % (IfW).

Lieferketten bleiben zunächst angespannt

2021 offenbarte, wie schnell Störungen der Lieferketten die „just-in-time“ durchgetaktete Weltwirtschaft aus dem Tritt bringen können. Im März lief das Containerschiff „Ever Given“ im Suezkanal auf Grund und blockierte die wichtige Handelsverbindung zwischen Asien und Europa für fast eine Woche. Der dadurch ausgelöste Stau führte bei Unternehmen, die auf dringend benötigte Teile für die Fertigung warteten, zu Produktionsunterbrechungen. Ein eingeschränkter Betrieb in den Überseehäfen, sei es aufgrund von verschärften Corona-Schutzvorschriften oder fehlender Arbeitskräfte, verschärfte die Lage zusätzlich.

Die Auswirkungen der angespannten Lieferketten werden im ersten Halbjahr 2022 noch zu spüren sein. Und so richten sich die Hoffnungen auf den Sommer und das zweite Halbjahr. Dem IfW zufolge sollten ein sich abschwächendes Pandemiegeschehen und nachlassende Lieferprobleme der wirtschaftlichen Aktivität in der zweiten Jahreshälfte 2022 besonders viel Schwung verleihen.

Fed und EZB auf getrennten Pfaden

Die Materialengpässe in Folge der stockenden Lieferketten führten 2021 zu erhöhten Herstellungskosten bei den Unternehmen sowie einem verknappten Angebot an Rohstoffen und Gütern. Dies blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Preise, die im Jahresverlauf stark stiegen. In Deutschland kletterte die Inflationsrate im November 2021 auf 5,2 %. In den USA schnellte die Inflationsrate sogar auf 6,8 % empor. Damit lag die Teuerung diesseits wie jenseits des Atlantiks deutlich über den Zielvorgaben der Notenbanken.

Zwar ist der starke Anstieg der Teuerung im vergangenen Jahr auch auf Basis- und Sondereffekte wie ein niedriges Preisniveau bei Rohstoffen im Vergleichsjahr 2020, das Auslaufen der Mehrwertsteuerermäßigung vom 2. Halbjahr 2020 oder die CO2-Abgaben zurückzuführen. Allerdings mehren sich unter Ökonominnen und Ökonomen zunehmend Zweifel, ob der massive Anstieg der Preise tatsächlich nur vorübergehend ist.

Die US-Notenbank sah im November Handlungsbedarf und kündigte eine Drosselung ihrer monatlichen Anleihekäufe an. Mit Blick auf die gute Lage an Arbeitsmarkt, die insgesamt robuste Verfassung der US-Wirtschaft sowie die zuletzt stark gestiegene Inflation, beschloss die Fed im Dezember eine weitere Reduzierung ihrer Anleihekäufe. Diese könnten nun bereits im Frühjahr 2022 enden. Danach dürfte die Fed die Zinsschraube nach längerer Zeit wieder nach oben drehen und bis zu drei Zinserhöhungen um jeweils 0,25 % vornehmen. Die Leitzinsen in den USA könnte Ende 2022 somit in einer Spanne zwischen 0,75 % und 1,00 % liegen (aktuell 0,00 % bis 0,25 %).

Auch die EZB drosselt ihre ultralockere Geldpolitik, zumindest etwas. Im März 2022 soll das zur Abmilderung der Pandemiefolgen aufgelegte Anleihekaufprogramm auslaufen. Die bereits zuvor monatlich getätigten Anleihekäufe werden indes weiterlaufen. Mit einer Leitzinsanhebung im Euroraum ist 2022 daher nicht zu rechnen. Immerhin räumte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Anschluss an die Ratssitzung im Dezember ein, dass die Inflation doch länger als zunächst angenommen auf einem hohen Niveau bleiben könnte.

Obacht bei Aktien von Technologieunternehmen

Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet dies einerseits weiterhin magere Renditeaussichten bei verzinslichen Anlagen, wobei unter Berücksichtigung der Inflation eine negative Realverzinsung droht. Auf der anderen Seite sollte insbesondere bei Aktien von Technologieunternehmen 2022 mit höheren Kursschwankungen gerechnet werden. So belasten steigende Zinssätze in erster Linie Wachstumswerte. Diese Unternehmen finanzieren ihr Wachstum in der Regel mit Krediten. Steigende Finanzierungskosten schmälern aber die Gewinne. Doch der Aktienkurs von Technologieunternehmen wird stark von den künftig zu erwartenden Gewinnen beeinflusst. Schwächen sich die Aussichten für das Gewinnwachstum ab, sollte eine schwächere Aktienkursentwicklung nicht überraschen. Generell ist es – nicht nur in solchen Fällen – sinnvoll, die Anlagen im eigenen Depot nicht zu sehr zu konzentrieren. Eine Investition in einen breit gestreuten Aktienindex, zum Beispiel über einen ETF, der in mehrere Branchen investiert, kann eine sinnvolle Alternative sein.

Autor: ING-DiBa AG
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