Optionsscheine einfach erklärt

Achtung: komplex und hochriskant

Geldanlage 6 min Lesedauer 23.11.2022
Frau mit Hut schaut aus dem Fenster

Mit wenig Kapital hohe Gewinne erzielen – ist das möglich? Mit Optionsscheinen ist das zumindest nicht ausgeschlossen. Aber die Sache kann auch nach hinten losgehen: Dann fahren Anleger*innen kräftige Verluste ein. „Sogar mehr als ein Totalverlust ist möglich“, sagt der Volkswirt Andreas Schmidt, Mitglied des Vorstands der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Optionsscheine einfach erklärt

Optionsscheine (Englisch: Warrants) sind börsengehandelte Papiere und gehören zu den Hebelprodukten. Auch ein außerbörslicher Handel ist möglich. Generell beziehen sich Optionsscheine auf einen bestimmten Basiswert. Das können beispielsweise

  • Einzelaktien
  • Aktienindizes wie etwa DAX oder Dow Jones
  • Rohstoffe oder
  • Währungen

sein. Mit Optionsscheinen können Sie innerhalb einer bestimmten Zeitspanne überproportional am aktuellen Kurs eines bestimmten Basiswertes teilhaben. Dieses Prinzip nennt sich Hebelwirkung. Sie haben das Recht, eine bestimmte Menge eines Basiswertes, etwa einer Aktie, zu einem Basispreis auf einen festgelegten Termin oder innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu kaufen oder zu verkaufen.

Optionsscheine weisen vier Merkmale auf:

  1. Basiswert – das ist der zugrunde liegende Wert, etwa eine Aktie.
  2. Bezugsverhältnis – dieses zeigt das Bezugsverhältnis von Optionsscheine und Basiswert an. Bei einem Bezugsverhältnis von 1:1 können Sie mit einem Optionsschein Ihr Optionsrecht umsetzen. Steht bei Bezugsverhältnis 0,1, benötigen Sie zehn Optionsscheine, um etwa eine Aktie erwerben zu können.
  3. Basispreis – auch Strike genannt. Er gibt an, zu welchem Preis Sie das Optionsrecht ausüben können.
  4. Laufzeit – zeigt an, innerhalb welcher Zeitspanne beziehungsweise zu welchem Zeitpunkt das Optionsrecht besteht.

So wirkt der Hebel

Welches Ausmaß der Hebel hat, hängt vom Kurs des Basiswertes und vom Kurs des Optionsscheins ab. Andreas Schmidt nennt ein Beispiel: Angenommen, eine Aktie notiert bei 200 Euro, und der Optionsschein hat einen Kaufpreis von 40 Euro (Basispreis: 160 Euro). In dem Fall beträgt der Hebel des Optionsscheins fünf. Steigt die Aktie auf 300 Euro, haben Optionsschein-Besitzer*innen weiterhin einen Anspruch darauf, die Aktie zum Basispreis von 160 Euro zu erwerben – vorausgesetzt, das Bezugsverhältnis zwischen Optionsschein und Aktie liegt bei eins zu eins. Da die Aktie nun um 100 Euro höher liegt, hat der Optionsschein nun einen inneren Wert von 140 Euro (aktueller Aktienkurs abzüglich Basispreis). Die jeweiligen Besitzer*innen erzielen also eine kräftige Rendite.

„Aber der Hebel kann auch jeweils in die andere Richtung wirken – und das kann die Verluste für Anlegerinnen und Anleger vervielfachen“, warnt Schmidt. Insofern sind Optionsscheine reine Spekulationsobjekte.

  • Hinweis: Der Preis eines Optionsscheins setzt sich laut Börse Stuttgart aus dem Zeitwert und dem inneren Wert zusammen. Auf den Zeitwert haben viele Faktoren einen Einfluss: etwa Volatilität, Restlaufzeit, Finanzierungskosten, Dividenden und Zinsniveau. „Ein Optionsschein besitzt einen inneren Wert, wenn der aktuelle Kurs des Basiswertes bei einem Call über dem Basispreis liegt“, heißt es auf der Website der Börse Stuttgart.

Call-Optionen versus Put-Optionen

Call-Optionen: Bei dieser Variante setzen Sie auf steigende Kurse. Die englische Bezeichnung Call-Option heißt übersetzt Kaufoption. Damit erwerben Sie das Recht, innerhalb der Laufzeit (amerikanische Option) oder am Ende der Laufzeit (europäische Option) den Basiswert zu einem festgelegten Preis in einer bestimmten Menge zu kaufen. Steigt der Basiswert, kann dies grundsätzlich zu einer Wertsteigerung des Optionsscheins führen. Allerdings kommt es dazu nicht immer. So kann es beispielsweise durch eine deutliche Veränderung der Volatilität passieren, dass der Preis eines Call-Optionsscheins stagniert oder sogar an Wert verliert, obwohl der Kurs des Basiswertes gestiegen ist.

  • Beispiel: Eine Aktie notiert bei 150 Euro. Hierfür kaufen Sie einen Call-Optionsschein im Wert von 5 Euro mit einem Basispreis von 150 Euro. Bleibt der Wert der Aktie während der Laufzeit ständig unter 150 Euro, hat der Optionsschein stets einen inneren Wert von 0 Euro. Steigt die Aktie auf 170 Euro, hat der Optionsschein bei einem Bezugsverhältnis von 1:1 einen inneren Wert von 20 Euro. Im Vergleich zum Wert des Optionsscheins beim Kauf (5 Euro) ist damit ein Gewinn möglich. Liegt das Bezugsverhältnis bei 1:10, liegt der innere Wert und der potenzielle Gewinn entsprechend niedriger. Kosten für den Kauf und Verkauf des Optionsscheins (etwa Ordergebühren oder Handelsplatzgebühren) und gegebenenfalls Steuern können Ihren Gewinn schmälern.

Put Optionen: Hierbei wetten Sie auf fallende Kurse. „Put Option“ ist der englische Ausdruck für Verkaufsoption. Käufer*innen sind berechtigt, innerhalb oder am Ende der Laufzeit eine bestimmte Anzahl des Basiswertes zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Emittent*innen verpflichten sich, Ihnen als Anleger*in den Basiswert zu einem bestimmten Preis abzukaufen.

  • Beispiel: Sie kaufen für die Option, eine Aktie für 150 Euro zu verkaufen, einen Optionsschein im Wert von 5 Euro. Fällt der Kurs der Aktie auf 120 Euro, können Anleger*innen die Aktie dennoch zum Preis von 150 Euro verkaufen. Der innere Wert des Optionsscheins bei einem Bezugsverhältnis von 1:1 liegt demnach bei 30 Euro. Im Vergleich zum Wert des Optionsscheins beim Kauf (5 Euro) ist daher ein Gewinn möglich – wobei auch hier gilt: Der Gewinn kann sich zum Beispiel wegen Ihrer Ordergebühren und gegebenenfalls Steuern reduzieren. Steigt der Kurs der Aktie auf über 150 Euro, hat der Optionsschein einen inneren Wert von 0 Euro.

Mit Optionsschein-Strategien vertraut machen

Mit Optionsscheinen ist es möglich, das eigene Aktiendepot gegen Kursverluste abzusichern. Wer etwa Abwärtsrisiken für Aktien kleinhalten möchte, kann mit Put Optionen auf fallende Kurse setzen. Geht der Kurs des Basiswertes auf Sinkflug, steigt der Wert des Put-Optionsscheins. So lassen sich Verluste weitgehend ausgleichen.

Aber: „Optionsscheine sind nichts für unerfahrene und unbedarfte Privatanleger“, betont Andreas Schmidt. Machen Sie sich erst mit unterschiedlichen Optionsschein-Strategien vertraut, bevor Sie damit handeln. Allen, die erstmals auf Optionsscheine setzen, rät Schmidt, „nur einen geringen Teil des Vermögens zu investierten, maximal fünf Prozent“. So können Sie mögliche Verluste besser verkraften.

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