Alter wird Alltag

ING-Studie zum deutschen Wohnimmobilienmarkt

Die aktuelle Rentendiskussion hat nicht nur Spannungen in der Bundesregierung verursacht, sie macht auch deutlich, dass Deutschland mittendrin ist im demographischen Wandel. Und der geht weiter als die Rentendiskussion. Die Gesellschaft altert, Haushalte werden kleiner, und die Herausforderungen für Wirtschaft, Sozialsysteme und Wohnungsmarkt nehmen zu.

Deutschland befindet sich inmitten tiefgreifender demografischer und gesellschaftlicher Veränderungen, deren Auswirkungen weit über die reine Bevölkerungszahl hinausgehen. In den letzten zehn Jahren hat nur die hohe Nettozuwanderung verhindert, dass die Gesamtbevölkerung schrumpft. Seit Jahrzehnten liegt die Geburtenrate unter dem für eine stabile Bevölkerungsentwicklung notwendigen Niveau.

Doch Migration allein kann die strukturellen Herausforderungen nicht lösen. Die deutsche Bevölkerung schrumpft zwar nicht unmittelbar, aber sie wird definitiv älter. Das Durchschnittsalter liegt mittlerweile bei 45 Jahren und der Anteil der über 64-Jährigen wird laut dem Statistischen Bundesamt bis 2050 auf 27 Prozent ansteigen. Besonders die Alterung der Babyboomer-Generation wird die gesellschaftliche Struktur in den kommenden Jahren stark verändern, mit Folgen für Pflege, Arbeitsmarkt und soziale Sicherungssysteme.

Häufigkeit der Haushaltsgrößen nach Personenanzahl in %

Der Chart zeigt die Veränderung der Haushaltsgrößen seit 1995 und bis 2045 (Prognose).
Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Bis zum Jahr 2024 stammen die Daten vom Statistischen Bundesamt, die Prognose für 2045 ist vom BBSR.

Parallel dazu verändert sich die Haushaltsstruktur: Die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt kontinuierlich und liegt derzeit bei 2,0 Personen. Der Anteil an Einpersonenhaushalten nimmt stetig zu, was den Wohnraumbedarf unabhängig von der Bevölkerungszahl erhöht. Besonders in Großstädten herrscht daher ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Viele Wohnungen entsprechen nicht den Bedürfnissen kleinerer und älterer Haushalte. Die Nachfrage nach barrierefreiem und altersgerechtem Wohnraum steigt, während das Angebot oft auf klassische Familienhaushalte zugeschnitten bleibt.

Auch beim Vermögen im Alter zeigt sich ein differenziertes Bild. Entgegen der Life-Cycle-Hypothese muss die Mehrheit älterer Menschen ihr Vermögen nicht abbauen, um den Lebensstandard zu halten - zumindest laut Statistik. Eine zentrale Gruppe bleibt dabei allerdings unberücksichtigt: Pflegeheimbewohner. Sie gelten statistisch nicht als eigene Haushalte und werden daher in Vermögensbefragungen nicht erfasst. Dabei machen sie fast zehn Prozent aller über 74-Jährigen aus. Ihre finanzielle Lage ist häufig angespannt, nicht zuletzt durch hohe Pflegekosten, die mittlerweile deutlich über der durchschnittlichen Rentenhöhe liegen. Die tatsächliche Vermögenslage im Alter bleibt somit verborgen.

Der demographische Wandel in Deutschland hat nicht nur Folgen auf das Rentensystem bzw. die Bezahlbarkeit von Renten. Vielmehr hat der demographische Wandel auch weitgehende Folgen auf den Wohnungsmarkt, den Arbeitsmarkt sowie Gesundheits- und Pflegesysteme.

 

Zum Download: Unsere ING-Studie „Alter wird Alltag“

Autor: Carsten Brzeski & Moritz Manthey