Chart of the Week | 06.07.2018

US-Importzölle auf europäische Autos: Warum es für die Autobauer einen Lichtblick gibt

4 min Lesedauer 06.07.2018

 

Seit dem 23. Mai untersucht das US Department of Commerce, ob Importe von Autos, SUVs, leichten Nutzfahrzeugen und Autoteilen die nationale Sicherheit gefährden – das gleiche Vorgehen, dass auch bei den Zöllen für Stahl und Aluminium angewandt wurde. Im Herbst 2018 wird derzeit mit einer Entscheidung gerechnet, ob dann 20%-ige Autozölle beim Import von Autos anfallen. Die Autobauer diesseits des Atlantiks beginnen jedoch jetzt schon zu zittern. Denn mit dem Automobilmarkt nimmt Trump eine empfindliche Ader der europäischen Volkswirtschaft ins Visier.

 

Der Automobilsektor in Zahlen

Der Automobilsektor trägt 4% zum europäischen Bruttoinlandsprodukt bei und beschäftigt 12 Millionen Personen – was 5% der Gesamtbeschäftigung der EU entspricht. Die EU ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Pkw und steuert damit ein Fünftel der weltweiten Autoproduktion bei. Kein Wunder also, dass die Autobauer bei der Drohung von Strafzöllen weiche Knie bekommen, allen voran deutsche Hersteller, die allein 33% aller in der EU hergestellten Pkw produzieren.[1]

 

Die USA sind immer noch der größte Abnehmer deutscher Kraftwagen und Kraftwagenteilen

Die USA sind immer noch der größte Abnehmer deutscher Kraftwagen und Kraftwagenteilen. Diese Exporte betrugen letztes Jahr 28,6 Milliarden Euro oder aber 0,9% des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Das sieht nach viel aus, aber dabei darf nicht vergessen werden, dass bei Importzöllen nicht die gesamten Exporte wegfallen würden. Laut Berechnungen des Ifo-Instituts würden Zölle in Höhe von 25% auf Autos die deutsche Wirtschaft nur rund 0,15% des BIP kosten. Für die gesamte EU würde der Schaden sogar weniger als 0,1% des BIP betragen. Ein Schaden, den der aktuell schwache Euro mehr als wettmachen würde.

 

Es gibt auch aus historischer Perspektive einen Lichtblick…

Als 1981 Japan auf Druck des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan „freiwillige“ Exportbeschränkungen für ihre Autos einführten – maximal 1,68 Millionen Fahrzeuge pro Jahr durften noch in die USA exportiert werden – ab 1985 stieg die Zahl auf 2,3 Millionen Pkw – stieg die Nachfrage aufgrund des verknappten Angebots. Ein großer Teil der Konsumenten hatte eine relativ unelastische Nachfrage nach den japanischen Modellen und war bereit, höhere Preise zu bezahlen. Lediglich 1984 ging der Anteil der japanischen Hersteller am US-Automarkt um 3,6%-Punkte zurück, erholte sich im Jahr darauf aber schon wieder deutlich, wie unser Chart der Woche zeigt. Tatsächlich haben sich die japanischen Autobauer dann auch neun Jahre länger freiwillig an die Restriktionen gehalten, die nach Reagan bereits 1985 wieder hätte auslaufen sollen.

 

Die Marktanteile japanischer und US-amerikanischer Autohersteller auf dem US-Markt

Autozölle
Quelle: Berry et al. (1999), Voluntary Export Restraints on Automobiles: Evaluating a Trade Policy, ING Economic & Financial Analysis

Besonders hart traf es die amerikanischen Konsumenten

Während US-amerikanische, aber auch die japanischen Autobauer profitierten, ging dieser Streit zu Lasten des amerikanischen Konsumenten. Zwar blieben die Preise sowohl bei japanischen als auch bei US-amerikanischen Herstellern in den ersten Jahren der Beschränkung relativ konstant, das war jedoch auch der wirtschaftlichen Situation geschuldet. Denn in diesem Zeitraum befanden sich die USA in einer Rezession. Erst 1986 zogen die Preise stärker an. Infolge der Quoten mussten die Konsumenten in den USA zwischen 1986 und 1990 einen geschätzten Wohlfahrtsverlust in Höhe von 13,1 Milliarden Dollar auf Grund der gestiegenen Preise hinnehmen.[2]

  

„Born in the USA“

Die Exportbeschränkung führte aber noch zu einer anderen Entwicklung. Denn die japanischen Autobauer fingen an, in den USA zu produzieren, denn vor Ort hergestellte Pkw fielen nicht unter die Beschränkung. Eine Entwicklung, die Trump durchaus gefallen hätte. Tatsächlich ist es aber so, dass deutsche Hersteller insgesamt schon längst mehr in den USA fertigen als sie dorthin exportieren. Letztes Jahr wurden 804.000 Autos in den USA produziert, während 494.000 Fahrzeuge dorthin exportiert wurden.[3] Deswegen macht den deutschen Autobauern übrigens auch der China-US-Streit zu schaffen. Denn wenn heute neue Zölle in Kraft treten, dann werden die deutschen Autobauer davon direkt betroffen, da sie sowohl in den USA als auch in China fertigen und von dort jeweils in das andere Land  exportieren.

 

Dass sich die USA also einen Gefallen tun würden, wenn sie Autozölle erheben, scheint unwahrscheinlich. Denn letztlich dürften die Konsumenten wieder den größten Schaden davontragen. Hoffentlich blättert das US Department of Commerce in den kommenden Wochen noch einmal in den Geschichtsbüchern, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

 

 

[1] Eurostat und ACEA

[2] Berry et al. (1999), Voluntary Export Restraints on Automobiles: Evaluating a Trade Policy

[3] VDA