Chart of the Week | 15.03.2019

Lückenfüller gesucht

3 min Lesedauer 15.03.2019

Um rund fünf Prozent klettert mittlerweile der Hauspreisindex des Statistischen Bundesamtes pro Jahr. Steigende Immobilienpreise und Mieten sind insbesondere in Deutschlands Großstädten ein Problem, denn deren Attraktivität ist ungebrochen: Mit ihrem kulturellen und ökonomischen Angebot üben sie eine große Anziehungskraft auf Menschen aus anderen Regionen aus. Vor allem aber wollen die Menschen, die bereits in den Städten leben, dort nicht wegziehen, auch wenn sie dadurch Geld sparen könnten. Zwischen neuer und bestehender Wohnungsnachfrage werden Preise und Mieten in die Höhe getrieben.

 

Da ist es zunächst einmal erfreulich, dass nach einer rückläufigen Entwicklung in den 2000er Jahren die Zahl der genehmigten und auch der fertiggestellten Wohngebäude und Wohnungen in Deutschland seit mehreren Jahren wieder steigt, wie unserem Chart der Woche zu entnehmen ist. Der Anstieg bei den Wohngebäuden fällt dabei vergleichsweise gering aus; wesentlich deutlicher ist er bei der Zahl der Wohnungen. Das heißt, dass auch die Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude steigt: Genehmigt und gebaut werden offenbar verstärkt größere Wohnblöcke anstelle von Einfamilienhäusern. Das klingt nach dem richtigen Mittel, um dem Wohnungsmangel in den bereits dicht bebauten Städten zu begegnen.

Genehmigte und fertiggestellte Wohngebäude und Wohnungen in Deutschland, 2001-2017

Quelle: Statistisches Bundesamt

Dabei kann die Anzahl von Baugenehmigungen und -fertigstellungen natürlich schon allein deshalb nicht genau übereinstimmen, weil zwischen beidem üblicherweise mindestens einige Monate ins Land gehen – und somit oftmals die Fertigstellung erst im Kalenderjahr nach der Genehmigung oder noch später erfolgt. So werden in manchen Jahren auch mehr Gebäude fertiggestellt als genehmigt. Das bedeutet nicht, dass jemand ohne Genehmigung gebaut hätte; hier wird lediglich ein Überhang an genehmigten, aber noch nicht errichteten Gebäuden abgebaut.

 

Wie unser Chart ebenfalls zeigt, klafft aber insbesondere bei den Wohnungen seit geraumer Zeit eine wachsende Lücke zwischen Fertigstellungen und Genehmigungen. So wurden von 2009 bis 2017 Baugenehmigungen für fast 2,1 Millionen neue Wohnungen erteilt, aber nur rund 1,7 Millionen Wohnungen auch gebaut. Ein Zeichen, dass die Baubranche an ihre Grenzen stößt; jedenfalls meldet das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung seit Jahren steigende Zahlen für die Kapazitätsauslastung im Baugewerbe. Die Zahlen der Genehmigungen lagen im Jahr 2018 ungefähr auf Vorjahresniveau; dass die Fertigstellungen die Lücke schließen konnten, darf bezweifelt werden.

 

Für die aktuell doch stark gebeutelte deutsche Wirtschaft sind das gute Nachrichten: Allein die Abarbeitung der Aufträge wird in den kommenden Monaten und vermutlich Jahren für weiteres Wirtschaftswachstum sorgen. Doch ehe das Wohnungsangebot mit der Nachfrage wieder Schritt halten kann, wird es wohl noch eine Weile dauern – das sind weniger gute Nachrichten für alle auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum.

Autor: Sebastian Franke