Industrie im Minus

Chart of the Week

3 min Lesedauer 14.02.2020

Die Mitte der Woche veröffentlichten Zahlen zur Industrieproduktion im Dezember 2019 enttäuschten: Um 2,1 Prozent ging der Wert für die Länder der Eurozone zurück. Wie unser Chart der Woche zeigt, hatten deren größte Länder im Dezember durchweg einen deutlichen Rückgang der Produktion zu verkraften – da konnten dann auch vereinzelte positive Werte wie in Griechenland (plus 2,5 Prozent) oder Portugal (plus 2,9 Prozent) das Blatt nicht mehr wenden. Der Rückgang dauert mittlerweile bereits zwei Jahre an; die industrielle Produktion in der Eurozone liegt inzwischen fast sieben Prozent unter dem Wert vom Dezember 2017 (zugegebenermaßen waren beide Werte Ausreißer).

 

Auch wenn die Dezemberdaten fast durch die Bank schlecht waren, so ist es vor allem ein Land, das für den starken Rückgang verantwortlich ist: Deutschland. Während es in vielen anderen Ländern der Eurozone jedenfalls bis zum Spätsommer Zeichen einer Stabilisierung gab, scheint der freie Fall der deutschen Industrie nicht zu stoppen zu sein. Solche Zahlen nagen am kollektiven wirtschaftlichen Selbstbewusstsein: Auch wenn hierzulande nur noch rund ein Viertel der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe arbeitet, gründen sich der Ruf und das Selbstverständnis der Exportnation Deutschland natürlich vor allem auf den industriellen Sektor.

Industrieproduktion im Dezember 2019: Veränderung zum Vormonat (in Prozent)

Quelle: Eurostat

Aber trotz dieser Zahlen schaffte es Deutschland offenbar, im Schlussquartal des Jahres 2019 eine Schrumpfung der Wirtschaft zu vermeiden – so zumindest die erste Schätzung des Statistischen Bundesamts. Damit sind jedoch noch nicht alle Klippen auf dem Weg zu einer wirtschaftlichen Erholung umschifft. Sollten sich die Befürchtungen hinsichtlich der Auswirkungen des Coronavirus auf den Welthandel und damit auch auf die deutschen Exporte bestätigen, könnte es stattdessen das Wachstum im ersten Quartal 2020 sein, das dann doch noch negativ ausfällt.

 

Das muss keine Katastrophe sein, zumal auch die auf das Coronavirus zurückzuführenden Einbußen durch eine stärkere Aktivität im Rest des Jahres wohl zumindest teilweise wieder ausgeglichen würden. Diese Nachholeffekte könnten die alte Weisheit „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ bestätigen. Aber ein Signal für einen guten Start ins neue Jahr sähe sicher anders aus. Und wenn die deutschen Verbraucher ihren Optimismus und ihre Kauflaune verlieren, könnte mit dem inländischen Konsum eine in den letzten Jahren stets zuverlässige Stütze des Wirtschaftswachstums doch noch zu wackeln beginnen.

 

Die aktuelle konjunkturelle Lage ist übrigens auch Thema der heutigen Folge unseres Podcasts „Carsten’s Corner“ .

Autor: Sebastian Franke