Keine neue Bazooka

Chart of the Week

4 min Lesedauer 11.12.2020

Diese Woche waren alle Augen auf die gestrige Sitzung der EZB gerichtet. Die Erwartungen waren groß, da EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereits im Oktober erweiterte Maßnahmen der EZB hatte anklingen lassen. Eine neue geldpolitische Bazooka wurde es nicht. Vielmehr ein gut ausgetüfteltes „weiter so“.

Neue Makrodaten

Die Gründe für weitere Maßnahmen der EZB liegen auf der Hand: Aufgrund des zweiten Lockdowns in den meisten europäischen Ländern waren die September Prognosen zu optimistisch. Damals hatte die EZB für das vierte Quartal ein Wachstum von 3,1 % gegenüber dem Vorquartal prognostiziert. Diese Zahl musste nun jedoch deutlich nach unten korrigiert werden, auf -2,2 %. Gleichzeitig wurde die Wachstumsprognose für 2021, trotz der positiven Impfstoffmeldungen, auf 3,9 % gesenkt. Die Aussicht für 2022 wurde von 3,2 % im September auf 4,2 % erhöht, während für 2023 mit einer Steigerung der Wirtschaftsleistung um 2,1 % gerechnet wird.

Im laufenden Jahr erwartet die EZB nun eine Mini-Inflation von 0,2 %. Mit Blick auf die Zukunft dürfte jedoch eine Umkehrung der deutschen Mehrwertsteuersenkung sowie einige Preiserhöhungen in den am stärksten betroffenen Sektoren zu einem allmählichen Anstieg der Inflation führen. Die Inflationsaussichten blieben für 2021 bei 1,0 % und wurden für 2022 auf 1,1 % von zuvor 1,3 % gesenkt. Zudem hat die EZB mit 1,4 % erstmals eine Prognose für 2023 veröffentlicht.

Die erweiterten geldpolitischen Maßnahmen

Die Wirtschaft der Eurozone braucht neue Unterstützung, um den zweiten Lockdown zu überwinden und im nächsten Jahr eine Erholung einzuleiten. Dies ist jedoch keine Krise, in der die Geldpolitik der Hauptakteur ist, sondern die Fiskalpolitik. Daher hat sich der EZB-Rat in seiner gestrigen Sitzung vor allem auf eine Verlängerung der schon bestehenden Maßnahmen geeinigt. Im Detail bedeutet das:

  • Eine Erhöhung des PEPP-Programms um 500 Mrd. Euro auf insgesamt 1,85 Bio. Euro und die Verlängerung bis mindestens Ende März 2022.
  • Eine Verlängerung des „traditionellen“ QE-Programms der EZB, des Asset Purchase Programms, mit 20 Mrd. Euro pro Monat auf zunächst unbestimmte Zeit.
  • Pandemische Notfall-Refinanzierungsoperationen (PELTROs): Das Notfallfinanzierungsprogramm der EZB wird bis 2021 fortgesetzt.
  • Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs) der EZB werden um 12 Monate bis Juni 2022 verlängert. Der Betrag, den Banken von der EZB erhalten können, wurde von 50 % auf 55 % des zulässigen Kreditbestands erhöht.
  • Die Lockerung der Regeln für Sicherheiten wurde im Einklang mit der Verlängerung der TLTROs bis Juni 2022 verlängert.

Fortsetzung des Aufkaufs europäischer Staatsanleihen

Unserer Ansicht nach verfolgt die EZB mit den beschlossenen erweiterten Maßnahmen zwei Hauptziele: (i) Bereitstellung von ausreichend billiger Liquidität, damit sich die Erholung der Eurozone entfalten kann, sobald der Impfstoff ausgerollt wird; und (ii) zu verhindern, dass sich eine neue Eurokrise aufgrund steigender Anleiherenditen entwickelt. Bei zuletzt genannter Maßnahme wird insbesondere die Erweiterung des PEPP-Programms eine Schlüsselrolle spielen. Bisher hatte das Programm ein Volumen von 1,35 Billionen Euro, von welchen die EZB bereits knapp über 700 Milliarden Euro verwendet hat. Rund 93 Prozent des Geldes floss in Anleihen des öffentlichen Sektors, während rund 7 Prozent in Unternehmensanleihen, Pfandbriefen und Geldmarktpapieren angelegt wurden. Wir erwarten, dass die EZB den Fokus weiterhin auf Staatsanleihen setzen wird.

Kumulierte Nettokäufe der EZB in Mio. Euro
Quelle: EZB

Ziel aller angekündigten Maßnahmen ist es, die derzeitige sehr akkommodierende geldpolitische Haltung zu verlängern. Die aktuelle Krise bleibt eine Krise, in der die Fiskalpolitik und nicht die Geldpolitik den Unterschied für die Wirtschaft ausmachen kann. Die Bazooka blieb daher im Schrank. Wenn einer sie in den kommenden Monaten noch auspacken kann, dann sind das die Regierungen.

Autor: Leon Ernst