Wie europäische Länder finanziell die Corona-Krise bekämpfen

Chart of the Week

3 min Lesedauer 05.02.2021

Die Covid-19-Pandemie stellt die öffentlichen Finanzen vor nie da gewesene Herausforderungen. Die erhebliche Ausweitung der staatlichen Ausgaben, der schnelle Rückgang der Einnahmen sowie die häufig zur Verfügung gestellten Sonderhilfen oder Kreditlinien führten zu einem rapiden Anstieg der globalen Haushaltsdefizite sowie der staatlichen Verschuldung. Dabei stellt sich schnell die Frage, wie finanzieren Staaten solch eine schwierige Lage? Mit dieser Frage beschäftigen wir uns in diesem Chart of the Week.

Die Krise der Fiskalpolitik

Vor der aktuellen Krise war häufig zu lesen, dass die Geldpolitik ausgeschöpft war. Vor allem in Europa gab es viele Rufe nach Fiskalpolitik. Die EZB fühlte sich in den letzten Jahren immer wieder im Stich gelassen bei ihrem Kampf gegen niedriges Wachstum und niedrige Inflation. Nach dem Ausbruch der aktuellen Krise waren es auch wieder die Notenbanken, die weltweit in Aktion kamen. Anders als in der Vergangenheit dauerte es dieses Mal allerdings nicht lange, bis auch Regierungen weltweit tief in die Taschen griffen. Diese Sicht untermauern auch die zuletzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichten Daten. Die weltweiten fiskalischen Programme erreichten kürzlichen fast den Wert von 14 Billionen US-Dollar, wovon 7,8 Billionen US-Dollar auf zusätzliche Ausgaben oder entgangene Einnahmen fallen und 6 Billionen US-Dollar auf Aktienkäufe von angeschlagenen Unternehmen, Kreditlinien und staatliche Garantien. Doch diese Unterstützung hat ihren Preis: die weltweite Staatsverschuldung betrug Ende 2020, nach letzten Berechnungen, bereits 98 Prozent des BIP, verglichen mit 84 Prozent, die der IWF noch im Oktober 2019 prognostizierte.

Staaten finanzieren sich vor allem am Kapitalmarkt – aber nicht nur durch Staatsanleihen

Diese fiskalischen Maßnahmen werden vor allem über neue Schulden finanziert. In unserem Chart of the Week untersuchen wir daher den Zusammenhang zwischen den Neuemissionen von Staatsanleihen und den Haushaltsdefiziten von 13 europäischen Ländern. Genauer gesagt zeigen wir die Differenz zwischen den im Oktober 2019 geplanten Haushaltsdefiziten für das Jahr 2020 und den tatsächlichen Haushaltsdefiziten für das Jahr 2020. Ebenso vergleichen wir die geplanten Anleiheausgaben für das Jahr 2020 und die tatsächlich am Kapitalmarkt ausgegebenen Staatsanleihen. Bei Betrachtung des Charts fällt auf, dass bei acht der 13 untersuchten europäischen Ländern eine deutliche Korrelation zwischen dem Haushaltsdefizit und den Anleiheausgaben besteht. Dies sind insbesondere die kleineren Volkswirtschaften, wie beispielsweise die Slowakei, die das Haushaltsdefizit vollständig durch die Ausgabe von Anleihen gedeckt haben. Die großen Volkswirtschaften in der Eurozone, wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, haben das größere Haushaltsdefizit nicht komplett mit der Ausgabe neuer Staatsanleihen finanziert. Dies bedeutet, dass sich diese Länder noch auf anderem Wege Geld verschafft haben müssen. Dies könnte beispielsweise durch die Ausgabe kürzer laufender Geldmarktpapiere geschehen sein.

Quelle: Europäische Kommission, IWF, ING-Berechnungen
Quelle: Europäische Kommission, IWF, ING-Berechnungen

Zusammenfassend zeigt sich, dass bei nur 60 Prozent der untersuchten Länder ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Haushaltsdefiziten der Länder und der Anleiheausgabe festzustellen ist. Bei 40 Prozent, insbesondere den größeren Volkswirtschaften, fällt auf, dass diese noch auf weitere Mittel setzen, wie beispielsweise Geldmarktpapiere mit kürzeren Laufzeiten. Ein Grund für diese Strategie könnte sein, dass diese Länder davon ausgehen, dass sie sich nach der aktuellen Krise wirtschaftlich schneller erholen können.

Autor: Leon Ernst