Zwischen Handelspartnerschaft und Konkurrenz

Chart of the Week

4 min Lesedauer 07.05.2021

Häufig wurde der EU vorgeworfen nicht autonom genug zu sein; zu abhängig von den globalen Handelspartnern. Das soll sich in Zukunft ändern. Der nächste Schritt in Richtung Unabhängigkeit wurde in dieser Woche durch das Vorstellen der EU-Industriestrategie gemacht, welche unter anderem das Regulieren von marktverzerrenden Subventionen von Handelspartnern beinhaltet. Betroffen wäre unter anderem China – einer der beiden Haupthandelspartner Deutschlands.

Die Debatte über marktverzerrende Subventionen von Handelspartnern wurde von der EU bereits vor rund einem Jahr angestoßen – nun liegt ein Entwurf vor, der faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb sowie die Autonomie der Europäischen Union garantieren soll. Subventionen, also Beihilfen, die ein Staat einem bestimmten Unternehmen gewährleistet, können in Form direkter finanzieller Zuwendungen, aber auch in Form von Steuervergünstigungen, Bürgschaften und der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen zu Sonderkonditionen erbracht werden. Innerhalb der EU haben die Mitgliedsstaaten sich auf bestimmte Regeln verständigt, wann diese Subventionen zulässig sind und wann sie als wettbewerbsverzerrend, und somit als unzulässig, gelten. Ausnahmen kann es beispielsweise für die Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsarbeit geben. Für Drittstaaten gibt es eine solche Kontrolle bisher nicht – das soll sich nun mit der EU-Industriestrategie ändern.

Von der Einführung der Subventionskontrolle von Handelspartnern betroffen wäre unter anderem China. Eine Untersuchung der OECD zwischen 2013 und 2017, welche marktverzerrende Effekte staatlicher Subventionen auf die Aluminium-Wertschöpfungskette behandelte, zeigte beispielsweise, dass 90 Prozent aller globalen Subventionen in der Aluminiumproduktion von China vergeben wurden. Die Frage ist allerdings, wie streng die EU gegen einen ihrer wichtigsten Handelspartner vorgehen wird. Unser Chart of the Week zeigt, dass vor allem Deutschland aufgrund des Exportvolumens nach China großes Interesse haben dürfte, die Beziehung zur Volksrepublik nicht zu stören. Oder?

Exporte nach China im Jahr 2020

Der Chart zeigt die Exporte ausgewählter europäischer Länder nach China im Jahr 2020.
Quelle: Eurostat

Zwar liegt Deutschland in der EU deutlich vorne, was die jährlichen Investitionen nach China angeht, und auch die heute veröffentlichten Daten zu den Exporten im März zeigen, dass von einem Gesamtexportvolumen von 126,5 Milliarden Euro rund 8 Prozent nach China gingen, dennoch würde Deutschland davon profitieren, wenn die Wettbewerbsbedingungen transparenter und ausgeglichener wären. Andernfalls könnte Deutschland China in den nächsten Jahren sukzessive als wichtigen Abnehmer verlieren – denn auf deutsche Technologie könnte man dann in China nicht mehr angewiesen sein.

Im vergangenen Jahr waren Deutschlands Hauptexportgüter nach China Maschinen, Kfz und Kfz-Teile, Elektrotechnik und Chemie. Und besonders im Technologiebereich will China bis 2025 nicht nur aufholen, sondern die Innovationsführerschaft übernehmen. Um diese zu erreichen, kamen neben der intensiven Subventionierung von sowohl staatlichen als auch privaten Unternehmen zuletzt Handels- und Investitionsbarrieren für ausländische Investoren zum Einsatz sowie die Übernahme innovativer westlicher Firmen. Eine Umfrage des Informationsdienstes des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) aus dem April zeigt, dass etwa 42 Prozent aller befragten nach China exportierenden Unternehmen innerhalb der kommenden fünf Jahre eine sehr große bzw. große Konkurrenz in chinesischen Unternehmen sehen. Im verarbeitenden Gewerbe sagt dies knapp ein Drittel der befragten Unternehmen aus.

Erste Schritte in Richtung eines ausgeglichenen Wettbewerbs mit China tätigte die EU bereits am Ende des vergangenen Jahres, als sich auf ein umfangreiches Investitionsabkommen (CAI) geeinigt wurde, welches seit dieser Woche allerdings auf Eis liegt – und dabei dürfte es auch zunächst bleiben. Die EU-Kommission verkündete am Dienstag, dass die Ratifizierung des Abkommens zunächst nicht weiter vorangetrieben würde.

Auch wenn es noch dauern wird, bis die EU-Industriestrategie tatsächlich in Kraft tritt, so sendet der Schritt der EU doch deutliche Signale. Zum einen an die globalen Handelspartner, dass man die aktuell noch starke Wettbewerbsposition nicht sehenden Auges aufgeben wird, zum anderen kann die Geschlossenheit der Europäischen Union unter Beweis gestellt werden, wenn die gemeinsame Autonomie und Stärke, und somit der europäische Gedanke, über die Interessen einzelner Mitgliedsstaaten gestellt wird.

Autor: Franziska Biehl