Sommer, Sonne und (wirtschaftliche) Erholung

Chart of the Week

4 min Lesedauer 14.05.2021

Haben Sie bereits Pläne für den Sommer? In etwa einem Monat beginnen in Teilen Deutschlands bereits die Sommerferien – normalerweise der Startschuss für die Urlaubssaison. Doch auch in diesem Jahr belastet die Pandemie die Reisebereitschaft der Deutschen, was besonders die wirtschaftliche Erholung der stark vom Tourismus abhängigen Eurozone-Länder beeinflussen könnte.

Wird innerhalb der EU gereist, erholen sich die Deutschen unter anderem gerne in Spanien, Italien, Griechenland und Frankreich. Das geht aus einer Untersuchung des Deutschen Reiseverbandes hervor. Eine Liebe, die zumindest wirtschaftlich gesehen auf Gegenseitigkeit beruhen dürfte – denn fast ein Viertel aller Touristen, die im Jahr 2019 nach Italien reisten, waren Deutsche. In Griechenland lag der Anteil deutscher Touristen bei 13 Prozent, an zweiter Stelle folgten mit 12 Prozent bulgarische Touristen. Auch im Krisenjahr 2020 blieb dieser Trend erhalten, auch wenn die Reiseaktivität generell sehr viel geringer ausfiel als im Vorjahr. Dem Deutschen Reiseverband zufolge sanken die Ausgaben für Urlaubsreisen im Vergleich zum Jahr 2019 um mehr als 50 Prozent. Zudem entschieden sich rund 45 Prozent der Deutschen für einen Urlaub innerhalb der eigenen Landesgrenzen.

Ein Trend, der sich auch in den makroökonomischen Daten widerspiegelt und in unserem Chart of the Week visualisiert wird. Während Reisen und Tourismus im Jahr vor der Krise noch zwischen 10 und 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der beliebtesten Reiseländer der Deutschen beitrugen, waren es im Jahr 2020 nur noch 5 bis 9 Prozent. Es ist daher wenig verwunderlich, dass die Wirtschaften der am stärksten vom Tourismus abhängigen Länder, wie die spanische, italienische und griechische, im vergangenen Jahr stärker geschrumpft sind als die der Eurozone insgesamt. Und auch in diesem Jahr wird die Entwicklung des Tourismus essenziell dafür sein, wie die wirtschaftliche Erholung in diesen Ländern und somit auch in der gesamten Währungsunion ausfallen wird.

Prozentualer Anteil am Bruttoinlandsprodukt von Reisen & Tourismus in den beliebtesten Reisezielen der Deutschen

Der Chart zeigt den prozentualen Anteil von Reisen & Tourismus am Bruttoinlandsprodukt der beliebtesten Reiseziele der Deutschen
Quelle: World Travel and Tourism Council

Bis vor kurzem waren in den bevorzugten Reisezielen der Deutschen Urlaube nicht ohne Einschränkungen möglich. In Italien beispielsweise konnte man sich nicht frei zwischen den 20 Regionen des Landes bewegen, zudem war nach der Einreise eine 5-tägige Quarantäne verpflichtend. Diese Regeln gelten allerdings ab morgen nicht mehr. Ab dem 15. Mai dürfen geimpfte, genesene und negativ getestete Touristen aus der EU, Großbritannien und Israel mit einer Art „grünem Pass“ Urlaub in Italien machen. Der hauseigene Pass soll die Zeit bis zur Einführung des EU-Passes überbrücken und so auch bereits früher eine Belebung der Wirtschaft ermöglichen. Auch Griechenland lockert die Regeln für den Tourismus ab morgen, in Spanien ist Urlaub schon länger wieder eine Option.

Erholung, sowohl die persönliche als auch die wirtschaftliche, scheint im Sommer 2021 also tatsächlich möglich zu sein. Allerdings braucht es dazu zumindest von deutscher Seite noch ein paar Last-Minute Buchungen. Denn bisher haben lediglich 15 Prozent der Deutschen tatsächlich eine Urlaubsreise gebucht, weitere 27 Prozent planen eine Reise zu unternehmen. Dem entgegen stehen je etwa 30 Prozent, die noch unentschlossen sind oder nicht planen, in den Urlaub zu fahren. Das zeigt eine Umfrage von PwC aus dem April 2021, aus welcher außerdem hervorgeht, dass diejenigen, die eine Reise gebucht haben oder es planen, bevorzugt in Deutschland Urlaub machen möchten. Nur ein gutes Drittel plant ins europäische Ausland zu fahren. Gebremst wird die Reiselust den Ergebnissen nach durch zu große Einschränkungen am Reiseziel, die Tatsache, dass das Urlaubsziel Risikogebiet ist oder die Möglichkeit, bei Reiseantritt noch nicht geimpft zu sein.

Zumindest was die ersten beiden Punkte betrifft, dürften die Lockerungen der südeuropäischen Länder zu einer erhöhten Reiseattraktivität geführt haben – und auch die Reiseveranstalter sind zuversichtlich, dass Urlaub zu machen in diesem Sommer nicht nur möglich, sondern gewünscht sein wird. Es wird von steigendem Buchungsaufkommen berichtet – und zwar besonders in Spanien, Italien und Griechenland. Auch wir sind zuversichtlich, dass der persönliche Wunsch nach Erholung zu einem wirtschaftlichen Aufschwung für die gesamten Eurozone führen wird.

Autor: Franziska Biehl