An Asien führt kein Weg vorbei

Chart of the Week

3 min Lesedauer 27.08.2021

Die deutsche Wirtschaft hat sich zwischen April und Juni dieses Jahres zunehmend von den Auswirkungen der Pandemie erholt. Die ursprüngliche Schätzung für das zweite Quartal wurde mit 0,1 Prozentpunkten sogar leicht nach oben revidiert, womit das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent gestiegen ist. Doch insgesamt bleibt die Wirtschaftsleistung noch unter dem Vorkrisenniveau. Ein Faktor könnte dabei vor allem dem produzierenden Gewerbe bei der Erholungsparty einen Strich durch die Rechnung machen: die anhaltenden Lieferkettenprobleme.

Rohstoff- und Materialmangel, eingeschränkte Produktionsmöglichkeiten und Transportschwierigkeiten bei einer gleichzeitig hohen Nachfrage behindern den Aufschwung. Dabei macht sich die Pandemie immer noch deutlich bemerkbar. Denn derzeit sorgen neue Covid-Fälle in Asien für Lieferengpässe, sei es in China, Malaysien oder Vietnam. Wichtige Zuliefererkomponenten werden hier nicht nur gefertigt, sondern auch verschifft. Rund 80 Prozent des Welthandels (nach Volumen, 70 Prozent nach Wert) werden über den Seeweg abgewickelt. An Asien führt dabei kein Weg vorbei, wie unser Chart der Woche zeigt.

Die größten Häfen der Welt, Ranking

Der Chart zeigt die größten Häfen der Welt
Quelle: Marine Department Hong Kong, BTS, Lloyds, ING Economic & Financial Analysis. Ab Rang 11 Vergleich Ranking 2019 zu 2000

Von den 10 größten Häfen der Welt liegen 9 in Asien, 7 davon in China. Gerade chinesische Häfen haben in den letzten 20 Jahren eine beeindruckende Performance hingelegt. Fünf Häfen, darunter der gerade für Engpässe sorgende Hafen Ningbo, haben ihre Abfertigungskapazitäten derart ausgeweitet, dass sie sich unter den Top 10 befinden, obwohl sie vor 20 Jahren noch nicht mal in den Top 20 rangierten. Laut Lloyds macht der durch China transportierte Containerhandel rund 40 Prozent des gesamten Containervolumens aus. Die aus den Top-Platzierungen verdrängten Häfen haben ihre Kapazitäten zwar auch ausgeweitet, bei weitem aber nicht so stark wie die Konkurrenz aus Asien. Mit Rotterdam ist ein europäischer Hafen unter den Top 10, mit Hamburg immerhin ein deutscher Hafen unter den Top 20 vertreten.

Dass aufgrund von Covid-Fällen ein Großteil der Abfertigungskapazitäten dieser großen Häfen eingestellt wird, bringt die weltweite Container-Logistik gehörig durcheinander. Schiffe stauen sich vor den Häfen, benötigte Vor- oder Endprodukte kommen verspätet an, was zu Produktionsstopps und infolge der Knappheit zu steigenden Preisen für Fracht und Materialien führt und sich letztlich in höheren Endkonsumentenpreisen niederschlagen kann. Diese Entwicklungen gefährden auch die wirtschaftliche Erholung hierzulande. Die bisher veröffentlichten Frühindikatoren deuten bereits auf eine zunehmende Abkühlung der Wirtschaft hin. Auch wenn viele Unternehmen planen, ihre Lieferketten stärker zu diversifizieren, auf zusätzliche Lieferanten oder eine vermehrte Lagerhaltung zurückzugreifen (DIHK-Umfrage), führt derzeit kein Weg an Asien und damit auch nicht an Lieferkettenproblemen vorbei.

Autor: Inga Fechner