Fiskalpolitische Bazooka 2.0?
Chart of the Week
Während der Pandemie waren es die Regierungen, die dafür gesorgt haben, dass Haushalte und Unternehmen keine allzu schweren wirtschaftlichen Verluste erleiden mussten. Die aktuelle Energiekrise stellt Verbraucher und Unternehmen wieder vor große Herausforderungen – zwar haben die Eurozone-Länder Maßnahmen zur Entlastung ergriffen, doch im Vergleich zur Pandemie kann dabei noch nicht von fiskalpolitischen Bazookas gesprochen werden.
Von vereinfachtem Zugang zur Kurzarbeit über ausgesetzte Insolvenzantragspflicht bis hin zum Ausgleich von Gewinnausfällen – was die Unterstützungsmaßnahmen für Haushalte und Unternehmen während der Coronapandemie betraf, hat Deutschland eine fiskalpolitische Bazooka abgefeuert. Diese war nicht nur knapp 6 Millionen Arbeitsplätze und etliche Unternehmen wert, sondern in Summe auch knapp 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts des Jahres 2020. Doch auch die anderen Eurozone-Länder ließen sich nicht lumpen – um den Haushalten und Unternehmen, die unter den Eindämmungsmaßnahmen litten, Unterstützung zu bieten, investierte Italien rund 11 Prozent des BIPs von 2020, in Frankreich waren es 10 Prozent, in Belgien und Spanien jeweils 8 Prozent.
Aktuell wird die Wirtschaft nicht von Lockdowns beeinträchtigt, sondern von den zuletzt deutlich gestiegenen Energiepreisen. Unser Chart of the Week zeigt, dass die Regierungen bisher deutlich zurückhaltender sind, was die wirtschaftliche Unterstützung von Haushalten und Unternehmen betrifft. Bisher hat Deutschland 1,8 Prozent des BIPs von 2020, bzw. 60,2 Milliarden Euro ausgegeben, um Haushalte und Unternehmen von den gestiegenen Energiepreisen zu entlasten. Im Verhältnis zum BIP griff bisher Italien am tiefsten in die fiskalpolitische Unterstützungskiste, doch auch hier bleibt man noch weit entfernt von den während der Pandemie zusätzlich ausgegebenen 182 Milliarden Euro, die 11 Prozent des BIPs des Jahres 2020 entsprachen.
Werden die fiskalpolitischen Bazookas nochmal nachgeladen? (% des BIPs von 2020)
Zwar unterscheiden sich die bisher ergriffenen Maßnahmen der Eurozone-Staaten in der Ausgabenhöhe voneinander, die mit den Geldern durchgesetzten Maßnahmen sind allerdings recht ähnlich. In Deutschland entfielen bisher 20 Prozent, oder insgesamt 12,5 Milliarden Euro, auf Einmalzahlungen. Dazu zählt zum einen die Energiepauschale von 300 Euro, die über das Septembergehalt bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ankam, sowie der Kinderbonus. Steuersenkungen, das 9€-Ticket sowie Erhöhungen der Pendlerpauschale trugen ebenfalls knapp 25 Prozent bei. Weitere 30 Prozent der in Deutschland eingesetzten Gelder entfielen auf die Rettung des Gasversorgers Uniper.
In Italien entfiel mehr als ein Viertel des eingesetzten Geldes auf Steuersenkungen und -gutschriften. Rund 14 Prozent der bisher aufgewendeten 49,5 Milliarden Euro entfielen auf Einmalzahlungen – diese erreichten im Gegensatz zu der deutschen Energiepauschale allerdings lediglich Haushalte mit einem Jahreseinkommen von unter 35.000 Euro. Weitere rund 18 Prozent entfielen auf die Streichung der allgemeinen Netzgebühr für das Jahr 2022. In den Niederlanden, wo bisher am wenigsten stark aus der fiskalpolitischen Bazooka gefeuert wurde, wurden bisher zwei Pakete geschnürt, die sich auf insgesamt 6,12 Milliarden Euro belaufen. Das erste Paket umfasste hauptsächlich die Senkung der Energiesteuer für Unternehmen und Haushalte, während das zweite Paket die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas, die Senkung der Steuer auf Benzin und Diesel und die Erhöhung der Energiekostenzulage für Personen mit Einkommen nahe der Sozialhilfe enthielt.
Zwar sind die Eurozone-Länder nicht alle gleichermaßen von der aktuellen Energiekrise betroffen, doch die Reaktionen auf die hohen Kosten für Gas, Kraftstoffe und Co. ähneln sich durchaus. Und in einer weiteren Sache kommen die Unterstützungsmaßnahmen der Staaten auf einen gemeinsamen Nenner: im Vergleich zu den während der Pandemie ergriffenen Maßnahmen, lässt sich noch lange nicht von fiskalpolitischen Bazookas sprechen. Dafür, dass die Kaufkraftverluste der Verbraucher in der Eurozone in diesem Jahr deutlich stärker ausfallen werden als während der Pandemie und auch Unternehmen vor größeren Herausforderungen stehen, müsste hier noch einmal deutlich nachgelegt werden.