Der Preis der fünften Jahreszeit

Chart of the Week

3 min Lesedauer 24.02.2023

Am vergangenen Montag hieß es vielerorts wieder Alaaf, Helau, Alleh Hopp und Ahoi! Nach zwei Corona-bedingten Pausen zogen erstmals wieder Rosenmontagszüge durch die Karnevalhochburgen. Das Highlight großer und kleiner Besucher sind häufig die von den Festwagen in die Menge geworfenen Kleinigkeiten – kein Wunder, denn, zumindest in Summe, haben diese einen ordentlichen Wert.

Auch wenn unser Chefvolkswirt mit Karneval oder Fasching so rein gar nichts am Hut hat, es sollte ihn eigentlich erfreuen, da dieses Spektakel nicht nur unterhaltsam, sondern auch gar nicht mal so übel für die Wirtschaft ist. Das lassen bereits die hohen Besucherzahlen der Rosenmontagsumzüge vermuten. Allein beim Umzug in Mainz versammelten sich in diesem Jahr knapp 600.000 Besucher – und stellten damit einen neuen Rekord auf. Dabei wurde nicht nur in Mainz, sondern deutschlandweit gefeiert. In der Gastronomie dürfte das einer Studie des IW Köln zufolge zu Umsätzen in Höhe von fast 800 Millionen geführt haben. Doch nicht nur der Besucherandrang, der neben der Gastronomie auch den Einzelhandel und die Hotellerie unterstützt haben dürfte, zeigt, wie viel Wirtschaftskraft im närrischen Treiben steckt.  

Dem Festkomitee Kölner Karneval zufolge wurden in diesem Jahr in Köln rund 300 Tonnen Süßigkeiten aus den bunt geschmückten Wagen geworfen. Rund 700.000 Schokoladentafeln und 300.000 kleine Blumensträuße, sogenannte Strüßjer, fanden ihren Weg in die Menge. Unser Chart of the Week zeigt, dass auf diese Weise rund eine halbe Million Euro zusammenkam, die von den festlich geschmückten Wagen regnete. Tendenz, aufgrund der Inflation, steigend. Und das nur in Köln, nur für Schokolade und Blumen und nur an einem Tag. Wobei das nur die Spitze des Eisbergs ist, denn zusätzlich wurden rund 220.000 Pralinenschachteln verteilt, sowie zahlreiche weitere Süßigkeiten wie Gummibärchen, Bonbons oder kleine Geschenke.

Geschätzter Wert ausgewählter Wurfmaterialien am Kölner Rosenmontagszug im Jahr 2023

Der Chart zeigt den geschätzten Wert ausgewählter Wurfmaterialien am Kölner Rosenmontagszug im Jahr 2023
Quelle: Festkomitee Kölner Karneval, Karnevalsstruessjer.de, Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie, ING-Berechnungen

Doch auch schon bevor die Umzüge ins Rollen geraten, wird zur fünften Jahreszeit einiges an finanziellen Mitteln lockergemacht. Denn auch die bunten Festwägen haben einen erheblichen Wert. Der Mainzer Carneval-Verein beziffert die Kosten eines Motivwagens auf rund 12.000€, wobei einzelne Wagen je nach Material und Größe auch bis zu 80.000€ kosten können. In diesem Jahr dürften der Bau und die Dekoration der Motivwägen aufgrund der gestiegenen Materialkosten noch ein wenig teurer ausgefallen sein. Nicht nur in der Industrie, auch beim närrischen Treiben sorgen die hohen Eisen-, Holz-, Farb- und Papierpreise für erhebliche Mehrkosten.

Aber nicht nur die Karnevalsvereine spüren die gestiegenen Preise fürs närrische Treiben. Während bei den Umzügen Schokolade und Süßigkeiten hauptsächlich Kinderaugen zum Strahlen bringen, gehört für viele Feierwütige auch der Genuss des einen oder anderen alkoholischen Getränks zum Umzugsbesuch dazu. Aufgrund gestiegener Preise für Energie, Glas, Flaschen und Korken muss allerdings auch dafür in diesem Jahr tiefer in die Kostümtasche gegriffen werden als beim letzten Karneval. Und zwar rund 8 Prozent tiefer. Das ist die Preissteigerung für alkoholische Getränke seit Februar 2020, dem Zeitpunkt, zu welchem zuletzt Fasching gefeiert wurde.

Bei all den Ausgaben, die die fünfte Jahreszeit so mit sich bringt, ist es wenig verwunderlich, dass im Anschluss erst einmal die Fastenzeit ins Haus steht. Auch wenn sowohl Karneval als auch das Fasten im Anschluss ursprünglich weder wirtschaftlichen noch unterhaltsamen Ursprungs sind.

Autor: Tom Ungar