Milliarden für KI – notwendige Investitionen oder Geldverschwendung?

Chart of the Week

6 min Lesedauer 28.02.2025

Wieder einmal sollen Milliarden Dollar in die Hand genommen werden, nicht nur in den USA durch Initiativen wie Project Stargate und die jüngsten Investitionspläne von Apple, sondern auch in der EU, wie auf dem KI-Gipfel in Paris versprochen. Aber ist das ganze Geld angesichts des Erfolgs von DeepSeek wirklich nötig?

Inmitten all der zolltariflichen und US-amerikanischen innen- und außenpolitischen Ereignisse gelang es der Tech-Welt zu Beginn des Jahres, ein bedeutendes Zeichen zu setzen: nämlich mit dem durch DeepSeek ausgelösten Abverkauf am Aktienmarkt. DeepSeek, ein chinesisches Künstliche Intelligenz (KI)-Start-up, hat die Tech- und Aktienwelt einmal ordentlich durchgerüttelt, da es sein Open-Source-KI-Modell zu einem Bruchteil der Kosten seiner Konkurrenten trainiert hatte. Das führte zu einem Überdenken der hohen Bewertungen von Technologieunternehmen, wirkte sich aber auch auf die gesamte Lieferkette aus und betraf beispielsweise Stromnetzbetreiber und Chiphersteller – brauchen wir letztlich viel weniger Geld, Energie, und High-End-Ausstattung?

DeepSeeks Erfolg: wie strategische Investitionen das KI-Rennen beeinflussen

DeepSeek gelang es nämlich, seine vorhandene Hardware zu optimieren und sich auf das Training der wichtigsten Teile seines Modells zu konzentrieren, wodurch der Bedarf an den neuesten High-End-GPUs (Graphics Porcessing Unit; zur Grafikdarstellung auf Computern) reduziert wurde. Obwohl die Trainingskosten letztendlich viel höher ausfielen als ursprünglich angenommen – 1,3 Milliarden Dollar statt 6 Millionen Dollar, wenn man die Ausgaben für Infrastruktur und Grafikprozessoren berücksichtigt –, gelang es dem Unternehmen dennoch, das KI-Rennen neu zu entfachen. Die USA sind also möglicherweise doch nicht so uneinholbar weit voraus, wie die Zahlen vermuten lassen. Denn ein Blick auf die Zahlen in unserem Chart der Woche zeigt, dass die USA bei der KI bis dato einen deutlichen Vorsprung haben.

Global-KI-Vibrancy Ranking (2023)

(gewichteter Indexwert)

Die USA dominieren die globale KI-Dynamik-Rangliste
Quelle: Global AI Vibrancy Tool, AI Index, HAI Stanford. Gewichtet. Höchste Gewichtung für F&E, Wirtschaft, Infrastruktur

Die USA dominieren die globale KI-Dynamik-Rangliste und mit Präsident Trumps KI-Aktionsplans soll diese Führungsposition weiter gefestigt werden

Betrachtet man die tatsächliche Umsetzung von KI, so dominieren die USA bei fast allen Messgrößen, die in der Rangliste der globalen KI-Dynamik „Vibrancy“ erfasst werden, einschließlich des Forschungs- und Entwicklungs- (F&E) Ökosystems, einer fortschrittlichen Computer- und Kommunikationsinfrastruktur, der Anzahl an neu finanzierten KI-Unternehmen oder KI-Stellenangeboten. Im Jahr 2023 produzierten die USA 61 Modelle für maschinelles Lernen und 109 Foundation Models, also Large X Models (LxM), d.h. maschinelle Lern- oder Deep-Learning-Modelle, die auf riesigen Datensätzen trainiert werden. Und auch bei den Investitionen liegen die USA weit vorne. Während sich die gesamten privaten KI-Investitionen in China auf etwa 8 Milliarden Dollar und in der EU auf etwa 7 Milliarden Dollar beliefen, wurden in den USA im Jahr 2023 68 Milliarden Dollar investiert.

Die jüngsten Bemühungen von Präsident Trump zielen ebenfalls darauf ab, diesen Vorsprung zu halten. Der neue KI-Aktionsplan zielt darauf ab, die Führungsposition der Vereinigten Staaten in der KI-Technologie auszubauen, und lädt die Öffentlichkeit dazu ein, politische Ideen zu teilen, um „vorrangige politische Maßnahmen zu definieren, die Amerikas Position als KI-Powerhouse stärken und verhindern, dass unnötig belastende Anforderungen Innovationen im Privatsektor behindern.“ Die US-Regierung unterstützt auch die private Joint-Venture-KI-Initiative von OpenAI, SoftBank und Oracle im Wert von 500 Milliarden Dollar, genannt Project Stargate, indem sie die behördlichen Genehmigungen für das Projekt vereinfacht. Auch Apple hat sein bisher größtes Investitionsengagement angekündigt und zugesagt, in den nächsten vier Jahren 500 Milliarden Dollar in den USA zu investieren, um die KI-Entwicklung und die Halbleitertechnik zu unterstützen.

200 Milliarden Euro KI-Investition der EU: ein Tropfen auf den heißen Stein?

Stellt da das 200 Milliarden Euro Investitionsvorhaben der EU, inklusive eines neuen europäischen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro für KI-Gigafabriken, nur einen Tropfen auf den heißen Stein dar? Zumindest verglichen mit den aktuellen Investitionen – laut EU-Kommission investiert die EU derzeit nur 4 % der Mittel, die Washington für die künstliche Intelligenz bereitstellt – kommt das Vorhaben einem richtigen Investitionsbooster gleich. Und dass die EU, bzw. Europa, deutlichen Aufholbedarf hat, zeigt einmal mehr der Blick auf die Zahlen: Frankreich liegt im Gesamtranking auf Platz 6, Deutschland auf Platz 8, aber jeweils mit deutlichem Abstand zu Spitzenreiter USA und China. Sind die Hoffnungen auf ein europäisches DeepSeek damit doch arg überzogen?

China: ein ernst zu nehmender Konkurrent im globalen KI-Rennen

Zumindest zeigen die Ereignisse rund um DeepSeek, dass man schnell Gefahr läuft, die Führung im KI-Rennen zu verlieren – auch ohne gigantische Geldbeträge. Und in der Tat weist China bereits beträchtliche Stärken in Forschung und Entwicklung sowie in der Infrastruktur (Internetgeschwindigkeit und Supercomputer) auf und rangiert in der Rangliste bereits an zweiter Stelle hinter den USA. Darüber hinaus war China im Jahr 2023 weltweit führend bei den KI-Publikationen in Fachzeitschriften und Konferenzen sowie bei den Zitationen aus Fachzeitschriften und meldete mit 44.150 dreimal so viele KI-Patente an wie die USA. Außerdem liegt Chinas Anteil an Open-Access-Gründungsmodellen, also an Modellen, deren Quellcodes frei zugänglich sind, bei 90 % und wird nur noch von der EU mit 100 % übertroffen, verglichen mit den USA mit 60,5 %.

Investitionen als Schlüssel zu bahnbrechenden KI-Ergebnissen

Dennoch würden wir nicht sagen, dass das Geld für KI-Investitionen weltweit bisher nicht gut angelegt war. Der Fall DeepSeek beweist dies, wenn man bedenkt, welche Investitionen notwendig waren, um diese KI-Modelle überhaupt zum Laufen zu bringen. Der beträchtliche finanzielle Aufwand für Infrastruktur, fortschrittliche Grafikprozessoren und andere wichtige Ressourcen unterstreicht die Bedeutung dieser Investitionen für das Erreichen bahnbrechender Ergebnisse. Die Fähigkeit von DeepSeek, die vorhandene Hardware zu optimieren und sich auf das Training der wichtigsten Teile seines Modells zu konzentrieren, zeigt, dass strategische Ausgaben zu bedeutenden Fortschritten und Kosteneffizienz führen können – allerdings müssen die Voraussetzungen dafür gegeben sein. Um den Wettlauf um die KI zu gewinnen, werden wir daher wahrscheinlich in nächster Zeit noch viel mehr von bedeutenden KI-Investitionsversprechen und -bemühungen aus allen Teilen der Welt hören.

Autor: Inga Fechner