Geselligkeit in der Krise

Chart of the Week

„Die kleine Kneipe in unserer Straße, da wo das Leben noch lebenswert ist“, so besang Peter Alexander schon 1976 die Schankwirtschaft als Ort der Geselligkeit und des sozialen Ausgleichs. Wüsste der populäre österreichische Entertainer, wie es um diesen Lieblingsort derzeit bestellt ist, er würde sich wohl im Grabe umdrehen.

Denn während sich die deutsche Gastronomie insgesamt nach Umsatzrückgängen zu Anfang des Jahrtausends seit 2010 wieder im Aufwind zu befinden scheint und zumindest nominal steigende Umsätze zu verzeichnen hat, unterbrochen natürlich durch die Corona-Pandemie, haben Kneipen, Bars und andere gastronomische Betriebe, in denen vorwiegend Getränke ausgeschenkt werden, diese Kurve nicht gekriegt.

Wie unser Chart der Woche zeigt, liegen die Umsätze im Wirtschaftszweig „Ausschank von Getränken“ auch nominal noch deutlich unter denen der Vor-Pandemie-Zeit und rund ein Drittel niedriger als zur Jahrtausendwende. Preisbereinigt sind sie während des letzten Vierteljahrhunderts sogar um 64 Prozent zurückgegangen. Unter anderem machen Änderungen im Freizeitverhalten der Deutschen, strengere Regulierung und gestiegene Personalkosten den kleinen Kneipen das Leben schwer.

Kneipen unter Druck

Umsätze in verschiedenen Zweigen der Gastronomie (Index, 2000 = 100)

Der Chart zeigt für die Gastronomie insgesamt und für ihre Teilbereiche die Entwicklung des Jahresumsatzes seit 2000, nominal und preisbereinigt.
Quelle: Statistisches Bundesamt, ING-Berechnungen

Überhaupt ist das Wörtchen „preisbereinigt“ die große Spaßbremse in unserer Statistik. Denn für Restaurants, Imbissbuden und Cafés wie auch für die Gastronomie insgesamt ist der Aufschwung seit 2010 nur dann ein Aufschwung, wenn man die Inflation ausblendet. Insbesondere die starken Preissteigerungen seit 2022 sorgen dafür, dass auch die Erholung nach dem Corona-Tief preisbereinigt deutlich weniger kraftvoll ausfällt.

Der einzige Teilbereich der Gastronomie, der in der Zeit seit 2010 auch preisbereinigt zulegen konnte und trotz der Inflation der letzten Jahre zumindest in der Nähe seines Umsatzes zur Jahrtausendwende liegt, trägt die Bezeichnung „Caterer und sonstige Verpflegungsdienstleistungen“ – das klingt nicht unbedingt nach einer Branche, die Peter Alexander besingen würde.

Autor: Sebastian Franke