Steigender Druck auf EU-Stahl- und Aluminium durch US-Zölle
Chart of the Week
Seit dem 4. Juni gelten doppelt so hohe Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA wie noch am 12. März. US-Präsident Trump hat die Zölle von 25 % auf 50 % angehoben – ein Schritt, der auch die EU empfindlich trifft. Betroffen sind nicht nur Metallexporteure direkt durch potenziell sinkende Nachfrage infolge steigender Preise, sondern auch Hersteller von Produkten, die Stahl oder Aluminium enthalten.
Da die Zölle nicht nur Rohmetalle, sondern auch verarbeitete Produkte mit Metallanteil betreffen, ist eine breite Produktpalette betroffen. Neben ihrer Rolle als Vorleistungsgüter für Bau-, Verteidigungs- oder Automobilindustrie finden sich Stahl und Aluminium auch in Alltagsprodukten wie Töpfen, Möbeln, Fahrrädern (Lenker, Rahmen), Kinderwagen oder Gartengeräten. Für den Metallanteil dieser Produkte fallen nun 50 % Zoll an, während nichtmetallische Komponenten weiterhin anderen Zollsätzen wie dem „reziproken“ Basiszollsatz in Höhe von 10 % unterliegen. Das bedeutet nicht nur höhere Kosten, sondern auch mehr Bürokratie: Bei fehlerhafter Deklaration – etwa zu niedrig angesetztem Metallanteil – drohen Strafen oder sogar der Verlust der Importrechte.
Damit gehören diese Produkte zu den am höchsten besteuerten EU-Exportgütern – nur Tabak- und Nikotinprodukte unterliegen noch höheren Zöllen, wie unser Chart der Woche zeigt. Zwar machen Eisen-, Stahl- und Aluminiumprodukte nur 2,8 % der gesamten EU-Warenausfuhren in die USA aus – davon etwa die Hälfte Eisen und Stahl –, doch für den Metallsektor ist die Abhängigkeit vom US-Markt deutlich größer. 2024 exportierte die EU fast 20 % bzw. 13,4 Mrd. € ihrer Eisen-, Stahl- und verwandten Artikel in die USA. Die Aluminiumausfuhren beliefen sich auf insgesamt 2,6 Mrd. €, von denen 14,1 % für den US-Markt bestimmt waren.
Top 10 der EU-Exportgüter in die USA, die den höchsten effektiv angewandten Zöllen unterliegen
Für die ohnehin angeschlagene EU-Metallindustrie ist das ein herber Rückschlag. Dass die USA selbst Nettoimporteur beider Metalle sind – und 25 %, bzw. 50 % ihres Bedarfs aus dem Ausland decken –, scheint Präsident Trump wenig zu kümmern. Für US-Importeure bedeutet das: höhere Preise.
Schlägt die EU zurück?
Obwohl die EU den Schritt scharf kritisiert, hat sie bislang keine Gegenmaßnahmen ergriffen. Die ursprünglich für den 15. April geplanten Vergeltungszölle auf die erste Runde der US-Erhöhungen wurden um 90 Tage verschoben, um Verhandlungen zu ermöglichen. Und auch diesmal setzt die EU-Kommission auf Diplomatie: Chefverhandler Maros Sefcovic traf sich am Mittwoch mit dem US-Handelsrepräsentanten Jamieson Greer. Das Fazit: Die Gespräche verlaufen konstruktiv. Auch der Antrittsbesuch von Kanzler Merz im Weißen Haus wurde als überaus positiv bewertet. Dass dadurch jedoch ein komplettes Zurückdrehen der höheren US-Zölle erreicht werden kann, sehen wir nicht. Eine Art Deal wird es zwischen den USA und der EU geben – für die europäische Metallindustrie dürften höhere Handelsbarrieren jedoch auf absehbare Zeit Realität bleiben.