„Letter Days“: Trump dreht erneut an der Zollschraube
Chart of the Week
Auf die erste Welle an Zollbriefen folgte zwei Tage später eine weitere. In der ersten Runde traf es mit insgesamt 14 Briefen vor allem asiatische Handelspartner, darunter Japan und Südkorea, in der zweiten Runde waren von Sri Lanka bis Brasilien acht weitere Länder betroffen, und noch mal einen Tag später erhielt auch Kanada einen Brief. Auch wenn die Briefe mit einer „Friss oder stirb“-Attitüde angereichert waren, wurde die ursprüngliche Frist damit vom 9. Juli auf den 1. August verlängert – ein stilles Eingeständnis, dass das Ziel von „90 Deals in 90 Tagen“ zu ambitioniert war und (mindestens) drei weitere Wochen für zusätzliche Handelsdeals benötigt werden. Eine Executive Order bestätigte dabei auch die Fristverlängerung für alle Handelspartner – mit Ausnahme Chinas, das weiterhin an die ursprüngliche Frist vom 12. August gebunden bleibt.
Zolldifferenzen mit politischem Beigeschmack
An den im April angedrohten Zollsätzen hat sich dabei nicht viel verändert – sie belaufen sich auf zwischen 20 % und 50 %. Zwischen den betroffenen Ländern gibt es jetzt jedoch deutliche Unterschiede, wie unser Chart der Woche zeigt. Denn während sich Sri Lanka um eine Reduzierung des Zollsatzes um 14 Prozentpunkte freuen kann, wurde Brasilien mit einer Steigerung um satte 40 Prozentpunkte heftig ins Visier genommen. Die Argumentation dahinter: Nicht etwa der Güterhandel rechtfertigt diesen Zollsatz – die USA weisen sogar einen Handelsüberschuss mit Brasilien auf –, sondern die laut Präsident Trump bestehende „Hexenjagd“ auf den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Da soll noch einmal jemand versuchen, den makroökonomisch logischen Zusammenhang zwischen der „reziproken“ US-Zollerhebung und den Handelsdefiziten zu erklären.
Für die Länder und Regionen können die Zolldifferenzen dabei durchaus Konsequenzen haben, vor allem, wenn andere Länder bessere Zollbedingungen erhalten, aber ähnliche Produkte in die USA exportieren. So ist beispielsweise Bangladesch, das zwar eine Reduktion um 2 Prozentpunkte erhält, aber damit immer noch einem Zollsatz von 35 % unterliegt, durchaus an einem Handelsdeal interessiert. Denn Vietnam mit voraussichtlich 20 % (noch liegen keine offiziellen Dokumente zum "Deal" vor) oder auch Indien mit voraussichtlich besseren Konditionen könnten sich als ernsthafte Konkurrenz erweisen. Bangladeschs Hauptexportgut ist Kleidung – ein Bereich, in dem die Konkurrenz mit Indien und Vietnam besonders hoch ist.
Differenz zwischen den angedrohten US-Zollsätzen im April und Juli 2025 für Staaten, die bis zum 10. Juli einen Brief erhalten haben (in Prozentpunkten)
Eskalationspotenzial bleibt hoch
Die Briefe enthielten außerdem eine klare Warnung: Wer mit Vergeltung reagiert, muss mit weiteren Zöllen rechnen. Zusätzlich drohte Trump weitere sektorspezifische Zölle an: 50 % auf Kupfer ab dem 1. August und 200 % auf Pharmaprodukte, auch wenn er hier vorerst von einer Übergangsfrist von etwa einem Jahr sprach. Vor allem bei den sektorspezifischen Zöllen können wir uns noch auf eine ganze Reihe an weiteren Erhöhungen einstellen, denn es laufen außerdem Untersuchungen zu:
- Holzprodukten,
- Halbleitern,
- mittelschweren und schweren Nutzfahrzeugen,
- kritischen Mineralien,
- Verkehrsflugzeugen und -teilen
- sowie der Section-301-Untersuchung zu Chinas See-, Logistik- und Schiffbausektoren.
Auf Stahl, Aluminium, Autos und Autoteile gelten bereits gesonderte Zollsätze. Darüber hinaus hat Präsident Trump damit gedroht, weitere 10-%-Zölle auf Länder zu erheben, die sich mit den BRICS-Staaten verbünden – BRICS: die kürzlich auf die Zehnergruppe Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die VAE erweitert wurde. Dies folgt einer schärferen Warnung vom Dezember 2024, als Trump den BRICS-Staaten ausdrücklich mit 100-%-Zöllen drohte, sollten sie Pläne verfolgen, die Dominanz des US-Dollars durch die Einführung einer alternativen Währung anzufechten und sich weiter zu „entdollarisieren“. Wie genau diese Drohungen umgesetzt werden sollen, bleibt allerdings unklar.
Kurzum: Die Zoll-Achterbahnfahrt geht weiter
Da die US-Regierung zumindest teilweise auf Zölle setzt, um unter anderem das „Big Beautiful Bill“ zu finanzieren, werden die höheren Zölle nicht verschwinden. Durch die Briefe und die neue Deadline wurde zwar Zeit gewonnen, die Unsicherheit bleibt jedoch bestehen. Sowohl für die globalen Märkte als auch für politische Entscheidungsträger ist die Zollsaga noch lange nicht vorbei.