Deutschlands Immobilienmarkt gefangen zwischen Erholung und Unsicherheit

Chart of the Week

Die Erholung am deutschen Immobilienmarkts hat sich im 2. Quartal fortgesetzt – wenn auch nicht mit zunehmendem Tempo. Eine Kombination aus leicht steigenden Kreditzinsen, steigenden Immobilienpreisen und weniger starkem Lohnwachstum belastet die Erschwinglichkeit und dämpft die Nachfrage. Mit Blick auf die Zukunft dürfte der Aufwärtsdruck auf die Preise sich dennoch fortsetzen – und zwar vor allem strukturell getrieben.

Preisdynamik trotzt der Marktabkühlung

Nach dem Preisrückgang bis Anfang 2024 hat Deutschlands Immobilienmarkt eine solide Erholung hingelegt. Doch bei jeder Erholung verlangsamt sich irgendwann das Tempo – und hier gibt es keine Ausnahme.

Allerdings, und trotz der allgemeinen Verlangsamung der Erholung am deutschen Immobilienmarkt, stiegen die Immobilienpreise im zweiten Quartal 2025 weiter an. Zwischen April und Juni legten die Preise gegenüber dem Vorquartal um 1,1 Prozent zu. Damit liegen sie zwar noch rund 9 Prozent unter dem im zweiten Quartal 2022 erreichten Höchststand, aber, wie unser Chart of the Week zeigt, auch immerhin etwa 5 Prozent über dem Tiefpunkt, der im ersten Quartal 2024 erreicht war.

Häuserpreisindex – Differenz zum Höchst- und Tiefstwert

(in Prozent)

Der Chart zeigt die Differenz des Häuserpreisindex zum Höchst- und Tiefstwert im jeweiligen Quartal.
Quelle: Statistisches Bundesamt; ING

Mit diesem anhaltenden moderaten Preiswachstum trotzen die Immobilienpreise der Verlangsamung des Immobilienkreditwachstums. Während diese im ersten Quartal noch um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen hatte, verlangsamte sich das Wachstum zwischen April und Juni auf etwa 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Basiseffekte spielen hier sicherlich auch eine Rolle, doch die Hauptgründe für die sich abkühlende Erholung sind steigende Hypothekenzinsen, höhere Immobilienpreise und ein schwächeres Lohnwachstum. Oder, um es kurz zu machen: sinkende Erschwinglichkeit. Im zweiten Quartal 2025 erreichten die Wohnimmobilienkreditzinsen ihren höchsten Stand seit Herbst 2024 und kehrten damit den zuvor beobachteten Abwärtstrend um. Die Erwartung an höhere Staatsverschuldung führte zu einem Anstieg der Renditen für langfristige Staatsanleihen, was sich schließlich auch auf die Kreditzinsen auswirkte. Und auch wenn der absolute Anstieg limitiert erscheint, könnte der psychologische Effekt deutlich sein – ein Zins von über 3,7 Prozent wirkt deutlich weniger erschwinglich als einer von nahe 3,5 Prozent.

Insbesondere in Zeiten, in denen das Überschreiten einer symbolischen Schwelle die anderen jagt. Im August überschritt die Zahl der als arbeitslos gemeldeten Personen erstmals seit 2015 die Marke von 3 Millionen. Die Unsicherheit am Arbeitsmarkt ist hoch – nicht nur aufgrund dieser symbolischen Zahl, sondern auch aufgrund anhaltender Nachrichten über Restrukturierungen, Stellenabbau und Sparmaßnahmen. Entsprechend bleibt die Sparneigung der Verbraucher hoch, während ihre Konsumbereitschaft schwach ist. Zeitgleich lag das Lohnwachstum zuletzt im Vergleich zum Vorquartal zwar höher, bleibt aber moderat. Die Nominallöhne stiegen im zweiten Quartal um 4,1 Prozent, nach 3,6 Prozent im ersten Quartal. Dies entspricht einem realen Lohnwachstum von 1,9 Prozent und liegt deutlich unterhalb der Wachstumsraten der Aufholphase 2023–2024. Und da die Gewerkschaften in der aktuellen Situation vermutlich Arbeitsplatzsicherheit über Lohnerhöhungen stellen, ist eine weitere Beschleunigung unwahrscheinlich.

Gleichzeitig steigen die Immobilienpreise weiter – was die Erschwinglichkeit zusätzlich belastet.

Strukturelle Faktoren stützen die Erholung des Immobilienmarkts

Trotz sinkender Erschwinglichkeit bleibt allerdings weiterhin ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt bestehen. Im Jahr 2024 wurden 251.900 Wohnungen fertiggestellt – so wenige wie seit 2015 nicht mehr. Der Bauüberhang, also die Anzahl genehmigter, aber noch nicht fertiggestellter Wohnungen, ging ebenfalls zurück und lag Ende 2024 bei 759.700 – ein deutlicher Rückgang gegenüber 2022, als der Bauüberhang noch bei 885.000 Wohnungen lag. Allerdings ist dieser Rückgang vielmehr auf eine gleichzeitige Abnahme der Baugenehmigungen zurückzuführen als auf schnellere oder mehr Bauaktivität bzw. einen Anstieg der Fertigstellungen. Dementsprechend bleibt der strukturelle Preisdruck bestehen.

Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir insgesamt eine moderate Fortsetzung der Erholung am deutschen Wohnimmobilienmarkt. Sowohl die hohe Unsicherheit als auch schwache Verbraucherstimmung und die eingeschränkte Erschwinglichkeit dürften das Tempo der Erholung begrenzen. Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, hohe Mieten und niedrige Eigentumsquoten bleiben jedoch klare Treiber für weiteres Wachstum.

Autor: Franziska Biehl