Wie Künstliche Intelligenz den Jobeinstieg erschwert
Chart of the Week
Künstliche Intelligenz (KI) hat in diesem Jahr für die ein oder andere Schlagzeile gesorgt – nicht nur an den Finanzmärkten. Auch makroökonomisch gewinnen die neuen Technologien immer mehr an Gewicht und sind dabei Fluch und Segen zugleich. Vor allem am Arbeitsmarkt wird KI in Zukunft für Veränderungen sorgen.
Es dürfte wenige Themen geben, die es in diesem Jahr geschafft haben, so kontroverse Stimmungen in der Weltwirtschaft hervorzurufen wie Künstliche Intelligenz (KI). Auf die Goldgräberstimmung an den Finanzmärkten folgten Sorgen über eine mögliche Überbewertung der neuen Technologien. Die US-Wirtschaft wird zu großen Teilen durch Investitionen in KI gestützt, während deutsche Unternehmen sich noch vornehm zurückhalten, wenn es darum geht, innovative Technologien finanziell zu fördern.
Auch was die erwarteten Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt betrifft, scheiden sich die Geister. Während die einen in KI vor allem einen ernstzunehmenden Konkurrenten sehen, der langsam aber sicher am eigenen Stuhl sägt, stechen für andere vielmehr die Chancen hervor, die der Einsatz neuer Technologien mit sich bringt. Das große Stichwort lautet hier: Produktivitätsgewinne. Unglücklicherweise gibt es bisher vor allem für Ersteres mehr Beispiele. In den USA hatte der Onlinehändler Amazon Ende Oktober angekündigt, mehrere Tausend Stellen in der Verwaltung durch KI zu ersetzen, ähnliche Pläne gibt es auch von anderen Unternehmen, und zwar nicht nur auf der anderen Seite des großen Teichs, sondern auch in Deutschland.
Kein Wunder also, dass fast 30 Prozent der Beschäftigten in Deutschland die Sorge in sich tragen, dass KI viele menschliche Arbeitsplätze kosten könnte. Das zeigt eine Umfrage des Karriereportals Xing aus diesem Sommer. Doch nicht alle deutschen Arbeitnehmer stehen dem künstlichen Mitbewerber gleichermaßen skeptisch gegenüber. Im Alter von 25 bis 54 Jahren erwartet nur rund jeder Vierte, dass KI den Menschen überflüssig machen wird. An den äußeren Rändern des Berufslebens sind die Anteile höher – fast ein Drittel aller Berufseinsteiger sowie derjenigen, die im letzten Jahrzehnt der Karriere angelangt sind, befürchten negative Effekte am Arbeitsmarkt. Und wie unser Chart der Woche zeigt, ist die Sorge, zumindest unter den Berufseinsteigern, nicht ganz unbegründet.
KI als mögliche Karrierebremse
Veränderung der Jugendarbeitslosenquote und des Anteils der Unternehmen, die KI einsetzen, in Prozentpunkten
Denn zwischen dem Einsatz von künstlicher Intelligenz in Unternehmen und der Veränderung der Jugendarbeitslosenquote scheint ein positiver Zusammenhang zu bestehen. Haben sich die neuen Technologien in der Unternehmenslandschaft eines Landes zwischen 2021 und 2024 stärker verbreitet, stieg auch die Jugendarbeitslosenquote stärker an.
Diesen Zusammenhang bestätigen auch verschiedene Studien – beispielsweise zeigten Ökonomen der Universitäten Stanford und Harvard, dass junge Menschen in Berufen, in denen KI zunehmend zum Einsatz kommt, seltener eingestellt werden. Die Stanford-Studie zeigt, dass die Anzahl 22- bis 25-jähriger Beschäftigter in diesen Bereichen, die beispielsweise Kundenservice, Buchhaltung und Softwareentwicklung umfassen, seit 2022 um 13 Prozent zurückgegangen ist. Insgesamt ist die Beschäftigung in den USA in diesem Zeitraum hingegen gestiegen, und auch für erfahrenere Beschäftigte in den gleichen Bereichen waren keine negativen Auswirkungen zu beobachten.
Künstliche Intelligenz hat also offensichtlich einen gewissen Einfluss auf die Anzahl von Einstiegsjobs – die etwaigen Produktivitätsgewinne sind dann etwas, worüber sich die Arbeitnehmer freuen dürfen, die sich auf der Karriereleiter bereits ein paar Sprossen weiter oben befinden.
In Deutschland hat die Jugendarbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren noch nicht außergewöhnlich stark zugenommen. Trotz der Tatsache, dass im Jahr 2024 bereits fast 20 Prozent der Unternehmen mindestens eine KI-Technologie nutzten. Nach noch 10 Prozent im Jahr 2021. Tatsächlich lag die Jugendarbeitslosenquote im September 2025 um 0,2 Prozentpunkte höher als im September 2021. Die Arbeitslosenquote insgesamt ist im gleichen Zeitraum mit 0,4 Prozentpunkten stärker gestiegen.
Nichtsdestotrotz, das Risiko, dass KI den Berufseinstieg erschwert, ist real – was nicht nur das lebenslange Einkommen der Berufseinsteiger belasten würde, sondern auch den deutschen Arbeitsmarkt und die wirtschaftlichen Aussichten insgesamt. KI kann vieles – und sicherlich auch helfen, die Produktivität zu steigern. Um davon profitieren zu können, braucht es allerdings auch Erfahrung. Und die sammelt man bekannterweise nicht von der Seitenlinie aus.