Hell

Der schwerste Wirtschaftseinbruch in fast hundert Jahren, Pandemie und Lockdown

3 min Lesedauer 07.12.2020
Pärchen mittleren Alters liest Zeitung im Bett mit Hund

Der Titel meines Lieblingsalbums des Jahres ist „Hell“. Ein tolles Wortspiel, in dem die anglophilen Leser natürlich den Soundtrack für die wirtschaftlichen Entwicklungen dieses Jahres sehen.

Denn „Hell“, wie im Deutschen „Hölle“, war es wirklich. Der schwerste Wirtschaftseinbruch in fast hundert Jahren, Pandemie und Lockdown. Mit Dank an „Wumms“, auch bekannt als Konjunkturpakete der Bundesregierung, blieben uns die schlimmsten Folgen am Arbeitsmarkt bisher zum Glück erspart. In den letzten Monaten sinkt die Arbeitslosigkeit sogar, auch wenn natürlich immer noch Millionen Menschen in Kurzarbeit sind und im nächsten Jahr ein starker Anstieg der Insolvenzen droht. Die Krise und teilweise auch das einfach nicht absehbare Ende schlagen langsam auf das Gemüt. Bei Menschen und Wirtschaft.

Rettung ist allerdings in Sicht. Die letzten Neuigkeiten zu den verschiedensten Impfstoffen haben die Konjunkturaussichten deutlich aufgehellt. Natürlich wird es noch Rückschläge geben und wird das Verteilen des Impfstoffes weder logistisch einfach sein noch schnell die erforderte Herdenimmunität von 60 % der Bevölkerung erreichen. Aber ein Ende der Pandemie ist in Sicht. Hinzu kommen positive Nachrichten aus den USA. Von einem Konjunkturprogramm unter Präsident Joe Biden kann auch Europa profitieren. Ebenso wie von den leicht verbesserten Aussichten für den transatlantischen Handel. Wenn dann auch noch im Laufe des Jahres das Geld aus dem Europäischen Wiederaufbaufonds fließt und Asien weiterhin so stark läuft wie bisher sollte es denn ersten synchron verlaufenden Aufschwung der Weltkonjunktur geben.

Natürlich ist nicht alles nur positiv. Beim Impfstoff fängt die Unsicherheit an und bei der Tatsache, dass Europa immer wieder mal negativ überrascht, hört sie auf. Die Verhandlungen zum Brexit, dem Europäischen Wiederaufbaufonds und dem Europäischen Haushalt in den kommenden Tagen werden darum Aufschluss geben, wo die Reise hingeht.

Wenn es wirklich zu diesem weltweiten Konjunkturaufschwung kommt und endlich über andere Dinge als Pandemie und Lockdown gesprochen werden kann, werden strukturelle wirtschaftliche Entwicklungen wieder eine größere Rolle spielen. Z. B. der scheinbar nicht zu stoppende Aufmarsch Asiens unter der Führung Chinas, wie in den letzten Wochen schön illustriert an der Strategie China 2035 und dem Asiatisch-Pazifischen Freihandelsabkommen. Und damit zusammenhängend der „War on Tech“ zwischen den USA und China. Oder wie wäre es mit der dringend notwendigen Transition zu mehr Nachhaltigkeit und dem Kampf gegen den Klimawandel? Oder der Japanifizierung der Eurozone und der Frage wie der Corona-Schuldenberg wieder abgebaut wird? Richtig langweilig wird es für Konjunktur und Finanzmärkte wohl auch nach der Pandemie nicht werden. Die einzige Konstante im kommenden Jahr werden die Notenbanken sein, die auch bei einem weltweiten Aufschwung erst einmal die Füße stillhalten werden und nicht schnell den Kurs der Normalisierung einschlagen werden.

Nach einem Jahr, das sich für Finanzmärkte, Wirtschaft und Menschen immer wieder wie die „Hölle“ angefühlt haben wird, gilt es den Blick nach vorne zu richten. 2021 wird besser. Die Voraussichten für Konjunktur und Finanzmärkte sind „heller“ geworden. Ach ja, die Künstler meines Albums des Jahres singen auf Deutsch.