Ärger mit dem Erbe

Das Erbteil verkaufen – geht das eigentlich?

Familie 5 min Lesedauer 13.02.2023
Erbteil verkaufen

Nach dem Tod von Angehörigen kommt es mitunter zum Streit ums Erbe. Manch eine hinterbliebene Person hat genug von dem Hickhack und will das Erbteil verkaufen. Geht das überhaupt? Und was hat es mit einer Teilungsversteigerung auf sich?

Die Erbenden: vier Geschwister. Das Erbe: ein schickes Sechs-Parteien-Mietshaus in Toplage. Doch einig, was mit der Immobilie passieren soll, ist sich die Erbgemeinschaft mitnichten. Eine will das Dach ausbauen, die große Schwester setzt auf eine Fassaden-Erneuerung, ein weiterer Bruder plädiert für eine Sanierung der Bäder. Und der vierte Erbe im Bunde? Der ist des Streitens einfach überdrüssig und möchte sein Erbteil verkaufen. Aber geht das überhaupt?

„Ja, das geht“, sagt der Bonner Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht, Eberhard Rott. Er verweist auf Paragraph 2033 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Darin heißt es: „Jeder Miterbe kann über den Anteil an dem Nachlass verfügen.“ Mit anderen Worten: Jede hinterbliebene Person kann den Erbanteil verkaufen.

Was nicht geht: Einzelne Gegenstände aus dem Nachlass verkaufen, beispielsweise Schmuck oder Gemälde. Denn der Nachlass steht allen Miterbenden gemeinsam zu, einer oder eine allein kann nicht über einzelne Gegenstände verfügen.

Wie der Verkauf eines Erbteils funktioniert

Wer das Erbteil verkaufen will, muss darüber die Miterbenden zunächst nicht einmal informieren. Die Person sucht einen Käufer oder eine Käuferin, geht mit ihm oder ihr zum Notariat und schließt einen Kaufvertrag. Womit das Eigentum am Erbteil aber noch nicht übertragen ist. Denn im nächsten Schritt informiert das Notariat die Miterbenden über den Verkauf.

Aber was, wenn die Miterbenden zum Beispiel keine fremde Person in der Erbgemeinschaft haben wollen? Sind sie dagegen, können sie anstelle des Kaufenden den Erbteil erwerben. „Das heißt also, dass Miterben grundsätzlich ein Vorkaufsrecht haben“, erläutert Rott. Sie haben zwei Monate Bedenkzeit, ob sie das Vorkaufsrecht wahrnehmen möchten oder nicht. Dabei gibt es zwei Optionen:

  • Die Miterbenden kaufen gemeinsam das Erbteil eines anderen.
  • Es erwirbt einer oder eine das zum Verkauf stehende Erbteil, die übrigen in der Erbgemeinschaft verzichten auf ihr Vorkaufsrecht.

Ist ein notarieller Kaufvertrag zwischen einem Miterbenden und einem Kaufenden ausgehandelt, müssen die vertraglich ausgehandelten Konditionen akzeptiert werden. Eine Nachverhandlung ist beim Vorkaufsrecht nicht möglich.

Teilungsversteigerung statt Verkauf des Erbteils

Eine andere Option bei Streit in der Erbgemeinschaft: die Teilungsversteigerung. „Das ist etwa bei einer Immobilie denkbar“, sagt Rott. Bei einer Teilungsversteigerung geht es darum, dass die strittige Immobilie zwangsversteigert wird. Etwas, das unteilbar ist (das Haus) wird in etwas Teilbares (Geld) umgesetzt. Den Erlös können die Erbenden unter sich teilen.

„Jeder Miterbe, egal wie groß sein Anteil ist, kann beantragen, dass die Immobilie, die ihm in der Erbgemeinschaft mitgehört, versteigert wird“, erläutert der Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner. Für andere Mitglieder der Erbgemeinschaft besteht juristisch keine Möglichkeit, dies zu verhindern.

So läuft die Teilungsversteigerung ab:

  • Den Antrag auf Teilungsversteigerung reicht eine miterbende Person beim Versteigerungsgericht ein, das ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Weil die Teilungsversteigerung oft komplex ist, sollte der oder die Miterbende einen Anwalt oder eine Anwältin zur Seite haben, rät Rott. Eine Pflicht dazu besteht allerdings nicht.
  • Das Gericht beauftragt zunächst eine sachverständige Person damit, ein Gutachten über die Immobilie zu erstellen und den Versteigerungswert festzusetzen. Dafür fallen neben Gerichtskosten auch Gebühren für die Arbeit der Sachverständigen und gegebenenfalls die Anwaltskanzlei an.
  • Sobald das Wertgutachten vorliegt, ordnet das Gericht die Teilversteigerung durch Beschluss an. „Oft ist der Antrag auf Teilungsversteigerung ein Türöffner bei festgefahrenen Verhandlungen in der Erbgemeinschaft“, sagt Steiner, der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht ist. Es kann sein, dass plötzlich Bewegung in die Gespräche kommt und die Erbenden sich doch noch einigen. Der Antrag auf Teilungsversteigerung kann jederzeit wieder zurückgenommen werden.
  • Wird der Antrag auf Teilungsversteigerung nicht zurückgenommen, setzt das Gericht einen Versteigerungstermin fest.

Risiken bei der Teilungsversteigerung

Eine Teilungsversteigerung birgt Risiken. Die größte Gefahr: Die Immobilie geht weit unter Wert weg. Das ist zum finanziellen Nachteil für die einzelnen Erbenden. Damit es dazu nicht kommt, sollten Erbende mitbieten, empfiehlt Rott, der auch Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögensvorsorge e.V. ist.

Tipp: An der öffentlichen Versteigerung sollten Antragstellende unbedingt teilnehmen. Ist man nicht anwesend, dann kann eine interessierte Person bereits beim ersten Termin den Zuschlag erhalten. Das gilt selbst dann, wenn weniger als 70 Prozent des Schätzwertes geboten werden. Ist der Antragstellende bei der Versteigerung präsent, kann er oder sie gegenüber dem Gericht beantragen, dass ein Gebot mit weniger als 70 Prozent des Schätzwertes nicht zum Zuge kommt.

Setzt das Gericht einen zweiten Termin fest, muss es ein Gebot, das nicht mindestens 50 Prozent des Wertes entspricht, ablehnen. Bei einem dritten Termin fallen alle Grenzen, die Folge: Als Bieterin oder Bieter kann man die Immobilie zu einem Spottpreis ersteigern.

Erblassende können Teilungsversteigerung verhindern

Dass es zu Ärger rund um eine Teilungsversteigerung kommt, lässt sich im Testament vermeiden:

  • Erblassende haben zum Beispiel die Möglichkeit, testamentarisch ausschließen, dass die Erbenden eine Auseinandersetzung führen. Damit dieser Wille Realität wird, kann eine erblassende Person eine Testamentsvollstreckung anordnen.
  • Oder man lässt die Erbgemeinschaft erst gar nicht zu. Experte Rott: „Dann bekommt nur einer das Haus und die anderen etwas Gleichwertiges.“
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