Auslaufmodell Alleinverdiener
Wie reicht das Geld für ein gutes Leben?
Früher gab es in Familien sehr häufig einen Alleinverdiener – und in der Regel reichte es mit dem einen Gehalt. Heute leben in den meisten Haushalten Doppelverdiener. Doch selbst mit zwei Vollzeitgehältern kommen viele Familien finanziell nur knapp über die Runden.
Woran das liegt? Die realen Einkommen im unteren und mittleren Segment haben sich seit den 1990er Jahren nur langsam erhöht. Gleichzeitig stiegen aber die Lebenshaltungskosten, zum Beispiel für
- Wohnen,
- Energie und
- Mobilität.
In vielen Regionen Deutschlands sind laut Sally Peters, geschäftsführende Direktorin am Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg, Mieten und Energiekosten deutlich schneller gestiegen als die realen Einkommen.
Hohe Lebenshaltungskosten belasten Haushaltsbudget
Doch nicht nur Mieten und Energiekosten schlagen ins Kontor: Auch Lebensmittel haben sich durch die Inflation der vergangenen Jahre massiv verteuert. Mit dem Gehalt eines Alleinverdieners oder einer Alleinverdienerin ist das finanziell kaum zu stemmen. Gerade bei einkommensschwachen Haushalten geht ein immer größerer Anteil des Einkommens für unvermeidbare Grundausgaben drauf – und lässt wenig Spielraum für Rücklagen oder unerwartete Ausgaben. „Das erhöht das Risiko von Verschuldung und sozialer Ausgrenzung“, sagt Sally Peters. Parallel dazu sei der Druck auf Haushalte durch unsichere Beschäftigungsverhältnisse, steigende Anforderungen an Flexibilität und wachsende soziale Ungleichheit gewachsen.
Hohe Inflation geht mit Kaufkraftverlust einher
Stichwort Inflation. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg hatten in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich starke Auswirkungen auf das Preisniveau ausgeübt. Im Jahresdurchschnitt 2022 betrug die Inflationsrate für Deutschland 6,9% im Vergleich zu 2021. 2023 lag der Jahreswert bei 5,9%. Die Inflation mindert die Kaufkraft. Das heißt, dass man bei steigenden Preisen für die gleiche Geldmenge weniger Waren und Dienstleistungen erhält. Je höher die Inflation, desto schneller erfolgt der Kaufkraftverlust.
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Höherer Lebensstandard = höhere Kosten
Ein weiterer Aspekt ist, dass sich im Vergleich zu früheren Zeiten der Lebensstandard verändert hat. „Nicht im Sinne von Luxus, sondern weil viele Dinge heute zur gesellschaftlichen Teilhabe gehören“, so iff-Direktorin Peters. Dazu zählten beispielsweise digitale Endgeräte oder Bildungsausgaben für Kinder. Wer sich das nicht leisten könne, riskiere soziale Ausgrenzung.
„Die finanzielle Lage vieler Haushalte ist heute trotz Erwerbsarbeit prekärer als früher, weil soziale Sicherungssysteme, Arbeitsmarktstrukturen und Preisentwicklungen zunehmend aus dem Gleichgewicht geraten sind“, sagt Peters. Ein angemessenes Einkommen allein schütze heute nicht mehr automatisch vor Armut und Überschuldung – „das ist ein zentrales sozialpolitisches Problem.“
Armutsrisiko Alleinverdiener
Das Risiko von Armut ist aus Sicht von Peters für Haushalte mit einem Alleinverdiener oder einer Alleinverdienerin hoch – vor allem, wenn Kinder zu versorgen sind. Zwar existierten Sozialleistungen wie Kinderzuschlag oder Wohngeld, aber nicht alle Berechtigten erhielten sie, etwa aus Unwissenheit oder wegen bürokratischer Hürden. „Vor allem Alleinerziehende sind in besonderem Maße von Armut bedroht“, sagt Sally Peters. Das zeigten alle verfügbaren Statistiken zu Einkommensarmut, Überschuldung und sozialer Teilhabe.
- Gut zu wissen: Eine Person gilt als armutsgefährdet, wenn sie weniger als 60% des mittleren Äquivalenzeinkommens der Gesamtbevölkerung hat. Im Jahr 2024 lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes dieser Schwellenwert für eine alleinstehende Person in Deutschland netto – also nach Steuern und Sozialabgaben – bei 1.378 Euro im Monat (2023: 1.314 Euro); für Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren betrug der Wert 2.893 Euro im Monat (2023: 2.759 Euro).