Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern
Frauen steigen beruflich auf - verdienen aber trotzdem weniger
Zuerst die gute Nachricht: Ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Lohngerechtigkeit und entkräftet das angeblich bessere Verhandlungsgeschick von Männern. Und nun die schlechte: Die Lohnlücke zwischen Frau und Mann ist noch lange nicht geschlossen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund-Frauen (DGB-Frauen) liefert neue Zahlen zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen in Deutschland. Daraus geht hervor, dass über die Hälfte der erwerbstätigen Frauen (53%) mit ihrem eigenen Einkommen ihre Existenz nicht über das gesamte Leben absichern kann.
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2025 mitteilte, lag der Gender Gap im Jahr 2024 bei 37 % und damit 2 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr.
Der Gender Hours Gap und Gender Employment Gap unverändert bei 18 % beziehungsweise 9 %
Der Indikator berücksichtigt Unterschiede in Bruttostundenverdiensten, Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern.
Eine Analyse ergab dazu: „Der Gender Pay Gap ist in Deutschland auch dann einer der höchsten in Europa, wenn er nur mit dem in Ländern mit einer ähnlichen Frauenerwerbsquote verglichen wird.“
Die DIW-Forscherinnen Julia Schmieder und Katharina Wrohlich legten die jüngste Auswertung dazu vor. Der Gender Pay Gap alleine sei nicht der Maßstab für die Frage, wie es um die Gleichstellung in einem Land bestellt sei, betont Wrohlich. Berücksichtigt werden müsse ebenso, wie viele Frauen in einem Land überhaupt erwerbstätig seien. „Allerdings erscheint die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland auch dann nicht positiver – sie ist und bleibt im internationalen Vergleich sehr hoch.“
Geringere Stundenverdienste und Arbeitszeiten
Aus der Pressemitteilung der destatis.de gehen verschiedene Hauptursachen für die Verdienstungleichheit hervor. Zum einen sei die höhere Teilzeitquote von Frauen ein Grund, was zur Gender Hours Gap führt.
Während Männer 2024 im Monat 149 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen nur 122 Stunden. Damit brachten Frauen wie im Vorjahr 18% weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer.
Aber auch in der Erbwerbsbeteiligung (Gender Employment Gap) gäbe es Unterschiede. Zahlen aus dem Jahr 2023 zeigen, dass 73,6% aller Frauen einer bezahlten Arbeit nachgingen. Bei den Männern waren es 80,8%.
Verhandeln Frauen schlechter?
Etwas positiver - zumindest in einem Punkt - fällt das Ergebnis einer Studie aus dem Jahr 2021 aus, die das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zum Anteil von Frauen in hochbezahlten Berufen veröffentlicht hat: „Die Studie zeigt, dass sich gerade in hochqualifizierten Jobs die Beschäftigung von Frauen in den vergangenen Jahrzehnten sehr positiv entwickelt hat“, sagt RWI-Arbeitsmarktexperte Ronald Bachmann.
„Allerdings haben nicht alle Frauen, die in den bestbezahlten Berufen arbeiten, auch den Sprung an die Spitze der Einkommensverteilung geschafft”, sagt Bachmann.
Der Anteil der Frauen in hochbezahlten Jobs sei seit Ende der 1980-er Jahre zwar von 21 auf 37 % gestiegen, aber ihr Anteil im oberen Fünftel der Einkommensverteilung nur von 20 auf 30 %.
Eine Erklärung dafür könnte laut Bachmann sein, dass Frauen Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen versuchten und bereit seien, dafür auf Geld zu verzichten. Es gebe allerdings auch wissenschaftliche Belege dafür, dass Frauen schlechter verhandelten, erklärt der RWI-Arbeitsmarktexperte. „Das kann in der Tat eine Rolle spielen”, sagt er. Interessante Wende: In virtuellen Gehaltsverhandlungen können keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern festgestellt werden.
„Gleiches Geld für gleiche Arbeit”
Grundsätzlich entstehe der Gender Pay Gap daraus, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiteten und insgesamt schlechter bezahlten Jobs nachgingen, erklärt Anna Janzen, Landesbezirksfrauensekretärin bei der Gewerkschaft Verdi. Klar sei auch, dass Frauen sich oftmals selbst „hinten anstellen” und „ihren Wert unterschätzen”. „Männern wird in der Regel mehr zugetraut”, sagt die Verdi-Vertreterin. Das sei historisch bedingt: „Frauen können erst seit den 70ern selber entscheiden, berufstätig zu werden.” Die Gewerkschaft fordere „gleiches Geld für gleiche Arbeit”.
Frauen sind mittlerweile besser qualifiziert
Das Bild der Frau, die sich nicht durchsetzen kann und weniger qualifiziert ist, halte sich wacker, meint Janzen. „Obwohl mittlerweile Frauen die besseren Bildungsabschlüsse haben.” Auch RWI-Experte Bachmann verweist darauf, dass der Bildungserfolg von Frauen den der Männer übertreffe. Er und seine Koautorin Gayane Stepanyan haben sich in der Studie auf das Zusammenspiel von technologischem Wandel und dem Arbeitsmarkterfolg von Frauen konzentriert.
Die beiden Autoren resümieren, dass die Jobs von Frauen in der Regel weniger durch Automatisierung gefährdet seien. Sie kamen etwa zu folgenden Ergebnissen:
- In Berufen, in denen in der Regel vor allem kognitiv gearbeitet werde und nur wenige Routinetätigkeiten anfielen, sei der Frauenanteil von knapp 29 % auf gut 42 % gestiegen.
In Berufen, die überwiegend von Routinearbeiten geprägt seien, habe sich der Anteil an Frauen seit Ende der 1980er Jahre dagegen nur von rund 33 % Prozent auf 36 % erhöht.
Wann wird der Gender Pay Gap geschlossen?
Die Automatisierung in der Arbeitswelt könne Frauen auch in Zukunft zugutekommen, schreiben Bachmann und Stepanyan in ihrer Untersuchung: „Da sich kognitive und Nicht-Routine-Tätigkeiten schwerer automatisieren lassen als andere Jobs, dürften Arbeitsplätze von Frauen tendenziell weniger durch den technologischen Wandel gefährdet sein.“
Bachmann rechnet mit einer schnelleren Angleichung der Löhne bis 2050. Dabei seien die wichtigsten Faktoren:
- „Der technologische Fortschritt, verbunden mit einer Kombination aus sozialen und technischen Fähigkeiten bei Frauen, dem Bildungserfolg von Frauen.”
- Dazu komme der „generelle kulturelle Wandel sowie letztlich Maßnahmen der Politik”.
Verdi-Vertreterin Janzen möchte keine Zukunftsprognose vornehmen, sieht aber einige Fortschritte wie etwa eine Frauenquote in den Vorständen. Ohnehin stünden Frauen immer selbstbewusster hinter ihren Forderungen. „Das ist ein gutes Signal für die Zukunft.”
Von Skandinavien lernen
Die Wissenschaftlerinnen vom DIW wollen von den Besten lernen: Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden.
In Deutschland sind laut DIW 74,3 % der Frauen berufstätig, in Schweden sind es 81 %, die Lohnlücke betrage aber nur 12 %.
„Aus dem Muster, wonach eine höhere Frauenerwerbsquote wie in Deutschland mit einem höheren Gender Pay Gap einhergeht, lässt sich also ausbrechen”, sagt Schmieder.
Das stehe und falle aber mit einer an Gleichstellung orientierten Familienpolitik. „In dieser Hinsicht gibt es in Deutschland noch viel Potenzial.”