Welcher Kontostand für das Erbe zählt

Das müssen Sie in Sachen Nachlass wissen

Mann vor einem Haus

Der Tod von nahen Angehörigen ist für Hinterbliebene oft schwierig. Denn aller Trauer zum Trotz müssen sie auch das Erbe regeln. Im ersten Schritt geht es darum, den Nachlass zu sichten. Dazu können nach Angaben von Paul Grötsch, Fachanwalt für Erbrecht in München und Geschäftsführer des Deutschen Forums für Erbrecht e.V., beispielsweise gehören:

  • Bankguthaben,
  • Wertpapiere,
  • Immobilien,
  • bewegliche Gegenstände wie etwa Autos,
  • Möbel und Hausrat,
  • Rechte und Patente sowie
  • der digitale Nachlass, etwa Social-Media-Konten, E-Mail-Postfächer, Fotos und Videos in der Cloud oder digitale Währungen.

Erbschaft gegenüber der Bank anzeigen

Fast immer gehört zu einer Erbschaft ein Konto bei einer Bank, aus dem mit dem Todestag automatisch ein Nachlasskonto wird – sofern es sich um ein Einzelkonto handelt.

  • Das bedeutet „Nachlasskonto“: Bei einem Nachlasskonto sind Karten sowie Online-Banking-Zugänge gesperrt. Lastschriftverfahren und Daueraufträge laufen vorerst weiter. Nur die Nachlassverwaltung sowie Erbinnen und Erben sind berechtigt, Überweisungen und andere Abbuchungen zu tätigen. Weitere Infos können Sie in diesem Beitrag nachlesen.

Mit dem Erbfall fällt das Konto bei der Bank automatisch an die Erbenden. Allerdings müssen sie gegenüber der Bank ihre Berechtigung nachweisen.

Was beim Nachlasskonto zu beachten ist

Viele fragen sich, welcher Kontostand fürs Erbe zählt. „In der Regel ist es der Tag des Todes des Erblassers oder der Erblasserin“, sagt Erbrechtsanwalt Grötsch. Dieser Tag sei der Stichtag, der für die Bewertung des gesamten Nachlasses, die Berechnung der Erbschaftsteuer und die Ermittlung des Pflichtteils maßgeblich ist.

Erben mehrere Personen, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Diese muss das geerbte Vermögen unter sich verteilen. Dafür ist nicht der Wert zum Zeitpunkt des Todes entscheidend, sondern zum Zeitpunkt der Verteilung.

  • Beispiel: Eine Erblasserin hatte an ihrem Todestag ein Kontoguthaben von 150.000 Euro. Nach dem Erbfall hat sich der Wert der Aktien um 12.000 Euro erhöht. „Dieser Zuwachs ist bei der Auseinandersetzung zwischen den Erben zu berücksichtigen, bei der Erbschaftsteuer und im Pflichtteilsrecht dagegen nicht“, so Grötsch. Auch eine Vermögensminderung ist möglich. Hat es einen Aktienverlust von 12.000 Euro gegeben, ist dennoch das Kontoguthaben am Stichtag, also dem Todestag, maßgeblich für die Berechnung der Erbschaftsteuer und für die Ermittlung des Pflichtteils.

Erben und Schulden

Zum Erbe zählt grundsätzlich das gesamte Vermögen des Verstorbenen. „Dazu gehören auch Schulden“, sagt Grötsch. Das hat zur Folge, dass Erben mit ihrem gesamten Privatvermögen für Nachlassverbindlichkeiten haften. Allerdings gibt es Möglichkeiten, die Haftung auf den Wert des geerbten Vermögens zu beschränken. Betroffene sollten sich rechtlich beraten lassen, wie sie in einem solchen Fall am besten vorgehen. Ist der Nachlass überschuldet, bietet sich häufig die Erbausschlagung an, um die Haftung zu verhindern. Allerdings ist dies nur innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis der Erbenstellung möglich, bei testamentarischer Erbfolge innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt des Testaments durch Zusendung durch das Nachlassgericht.

Erbschein für Zugriff auf Konto nicht immer nötig

Zuweilen müssen Erbinnen und Erben der jeweiligen Bank einen Erbschein vorlegen, um auf das Konto der verstorbenen Person zugreifen zu können. Das Beantragen eines Erbscheins beim Nachlassgericht ist allerdings mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden – und es ist zeitaufwändig. „Oft reicht aber auch die Vorlage eines eröffneten Testaments aus“, sagt Grötsch. Dabei spiele es keine Rolle, ob das Testament notariell beurkundet oder handschriftlich verfasst ist.

  • Tipp: Erbende kommen problemlos ans Konto, wenn der Erblasser oder die Erblasserin ihnen noch zu Lebzeiten eine Bankvollmacht über den Tod hinaus erteilt hat. Denken Sie also daran, mit ihren Erben frühzeitig eine Vollmacht bei Ihrer Bank zu erwirken.

Beerdigungskosten über das Nachlasskonto bezahlen

Immer wieder kommt es vor, dass ein Erbschein beantragt ist, aber noch nicht vorliegt und man die Beerdigungskosten über das Nachlasskonto begleichen möchte. „In aller Regel machen die Banken hierbei mit“, sagt Grötsch. In dem Fall müssen die Erbinnen und Erben zumeist die Originalrechnungen des Bestatters und eventuell weiterer Dienstleister der Bank oder dem Nachlassgericht vorlegen. „Ist kein oder nicht ausreichend Geld auf dem Konto, müssen die nächsten Verwandten für die Beerdigungskosten aufkommen“, so Grötsch.

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