Schuldenreport 2024: Krise verschärft sich

Die Lage – und Lösungsideen

Finanzwissen 5 min Lesedauer 24.05.2024

Die weltweite Schuldenkrise spitzt sich immer mehr zu, und das finanzielle Ungleichgewicht zwischen den Ländern wird immer größer. Wie der aktuelle Schuldenreport 2024 zeigt, sind von 152 untersuchten Ländern 130 mindestens leicht kritisch verschuldet.

Der Schuldenreport wird einmal im Jahr von den beiden gemeinnützigen Vereinen erlassjahr.de und Misereor herausgebracht. Dabei wird neben der Verschuldungssituation von Ländern im Globalen Süden auch die Rolle Deutschlands in der internationalen Entwicklungspolitik untersucht.

Gut zu wissen: Unter dem Begriff „Länder des Globalen Südens“ werden politisch, wirtschaftliche und gesellschaftlich benachteiligte Staaten zusammengefasst. Die Bezeichnung sei dabei nur bedingt geografisch zu verstehen, betont unter anderem das Bundesentwicklungsministerium: „So werden Australien und Neuseeland dem Globalen Norden zugeordnet, während Länder wie Afghanistan und die Mongolei zum Globalen Süden gezählt werden.“

Der aktuelle Bericht zeigt: Noch nie mussten verschuldete Staaten im Globalen Süden so viel Schuldendienst leisten wie aktuell. Weitere Erkenntnisse aus dem Report sind folgende:

  • 55 Prozent der untersuchten Länder sind kritisch oder sehr kritisch verschuldet. Vor der Pandemie waren mit 37 Prozent noch deutlich weniger überschuldet.
  • Von den 130 mindestens leicht kritisch verschuldeten Ländern, sind 24 Ländern sehr kritisch überschuldet. Zu diesen Ländern zählen Pakistan, Sri Lanka, Ghana, der Jemen, Senegal und die Mongolei.
  • In 45 Staaten geht mehr als 15 Prozent der Staatseinnahmen an ausländische Gläubiger.
  • Weltweit fließt jeden Tag mehr als eine Milliarde US-Dollar in staatliche Zins- und Tilgungszahlungen – so viel wie noch nie.

Neben der Situation in den überschuldeten Ländern untersucht der Report auch, wem die Staaten das Geld schulden. Dabei ergab sich für 2022 folgende Verteilung:

  • 59 Prozent der Forderungen halten private Gläubiger wie Investmentfonds und -banken, Versicherungen und weitere private Gläubiger wie beispielsweise Rohstoffunternehmen. Dabei werden rund 45 Prozent als Anleiheforderungen und weitere 14 Prozent in Form von Bankkrediten gehalten.
  • Die öffentlichen Gläubiger halten die restlichen 41 Prozent – davon 28 Prozent multilaterale Finanzinstitutionen und 13 Prozent Regierungen.
  • Mittlerweile ist China zum größten staatlichen Gläubiger armer Länder geworden.
  • Deutschland ist in sechs Ländern der wichtigste öffentliche bilaterale Gläubiger, darunter im kritisch verschuldeten Tunesien, den drei leicht kritisch verschuldeten Staaten Albanien, Armenien und Marokko sowie in Peru und im Kosovo, deren Verschuldungssituation der Report jedoch als unkritisch einschätzt.

Das sind die Folgen der Schuldenkrise

Die Folgen, die die Schuldenkrise in den betroffenen Staaten hat, sind weitreichend. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass viele Länder im Globalen Süden deshalb buchstäblich mit dem Rücken zur Wand stehen“, erklärt Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin des deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de. Dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Klimaschutz seien durch den erdrückenden Schuldendienst massiv erschwert. „In Zeiten hoher globaler Zinsen können viele kritisch verschuldete Staaten den hohen Schuldendienst nur noch leisten, wenn sie dafür an anderen Stellen stark einsparen.“

Auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) betont: „Der Bericht zeigt es deutlich: Die Welt braucht einen neuen internationalen Konsens zum Umgang mit der dramatischen Verschuldung. Statt in die Bildung der Kinder, in ein starkes Gesundheitssystem oder in den Klimaschutz zu investieren, ächzen viele Entwicklungsländer unter einer viel zu hohen Schuldenlast.“ Die dramatische Überschuldung sei ein enormes Entwicklungshindernis für viele Länder geworden. „Für die Stabilität der Weltwirtschaft ist das eine tickende Zeitbombe“, so die Ministerin. „Eine schnelle und nachhaltige Lösung ist darum nicht nur für die überschuldeten Entwicklungsländer zentral – sondern auch in unserem Interesse.“

Wie könnte die Krise gelöst werden?

Für die Autorinnen und Autoren der Studie ist klar: Die Krise kann neben verstärkter Einwicklungszusammenarbeit nur durch Schuldenerlasse und Schuldnererleichterungen bewältigt werden. „Umfassende Schuldenerlasse könnten einen Ausweg aus der Schuldenkrise bieten“, sagt auch Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor. „Ohne Schuldenstreichungen rücken die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung für die betroffenen Länder in unerreichbare Ferne.“ Und Rehbein betont: „Zentraler Maßstab muss sein, dass die Menschenrechte in den Schuldnerländern wieder in den Vordergrund rücken, und nicht die Profitinteressen der Gläubiger.“

Von der Bundesregierung fordern die Autorinnen und Autoren der Studie noch in dieser Legislaturperiode:

  • Die Schaffung eines nationalen Gesetzes zur besseren Beteiligung von privaten Gläubigern an Schuldenerleichterungen.
  • Klima- und Schuldenkrise zusammendenken und unter anderem Vorschläge von klimavulnerablen Staaten für einen besseren Zugang zu fairer Entschuldung aktiv politisch unterstützen.
  • Den Grundstein für Insolvenzverfahren von Staaten legen und dazu eine Evaluierung der bisherigen Schuldenrestrukturierungen auf Grundlage der UN-Prinzipien für ein Staateninsolvenzverfahren beauftragen. Die Ergebnisse sollen dann auf internationalen Gipfeln zu Reformen der globalen Schuldenarchitektur diskutiert werden.

Die Entwicklungsministerin wiederum betont in diesem Zusammenhang: „Eine gerechte Lösung der Schuldenproblematik ist nur möglich, wenn sich alle Gläubiger gleichwertig an Schuldenerlassen beteiligen.“ Freiwerdende Gelder müssten den armen Ländern selbst zugutekommen – und nicht anderen Gläubigern. Das gelinge nur mit internationaler Zusammenarbeit. „Innerhalb der Bundesregierung prüfen wir verschiedene Möglichkeiten, wie das am besten gelingen kann“, verspricht sie.

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