Warum wir nicht mit Geld umgehen können
Psychologie prägt unser Finanzverhalten
Viele Menschen träumen von der finanziellen Unabhängigkeit. Der Weg dorthin ist jedoch oft von Unsicherheiten geprägt. Warum kaufen wir Aktien, die wir nicht verstehen? Warum lassen wir unser Geld lieber auf dem Sparbuch liegen, anstatt es zu investieren? Warum fallen wir auf Trends herein, die wir später bereuen?
Die Antwort ist nicht: „Weil wir es nicht besser wissen.“ Es liegt oft tiefer – in unserer Psychologie, unseren Gewohnheiten und dem Einfluss anderer. Die gute Nachricht: Wer die Gründe kennt, kann daran arbeiten. Hier stellen wir Ihnen vier psychologische Hürden vor, die unseren Umgang mit Geld erschweren – und Tipps, wie wir sie überwinden.
1. Der Nachahmungseffekt: Was alle machen, kann nicht falsch sein – oder doch?
Wenn viele Menschen in etwas investieren, scheint es sicher zu sein. Dieser Effekt wird auch Herdenverhalten oder Nachahmungseffekt genannt. Wir beobachten andere – Freundinnen, Kollegen, Influencerinnen oder Fremde in sozialen Netzwerken – und orientieren uns an deren Verhalten. „Herdenverhalten ist nicht einfach nur ein gleichgerichtetes Verhalten mehrerer Investoren beziehungsweise ein hoch positiv korreliertes Verhalten, sondern vielmehr die Veränderung des Verhaltens oder der Erwartung eines Entscheiders als Ergebnis eines realen oder illusionären – sozialen – Drucks“, heißt es in einem Artikel der Wissenschaftler Andreas Oehler und Stefan Wendt. Besonders auf Social Media wird dieser Effekt verstärkt: Erfolgsgeschichten über Aktiengewinne oder Immobilienkäufe erwecken den Anschein, auf dem richtigen Weg zu sein.
Doch was für andere vielleicht passen mag, muss für uns noch lange nicht stimmen. Und manchmal springen alle auf einen fahrenden Zug auf, der längst bremst. Der Finanzmarkt ist kein Laufsteg – Nachahmung kann gefährlich werden.
Tipp: Stellen Sie sich vor jeder finanziellen Entscheidung drei Fragen: Verstehe ich wirklich, worin ich investieren möchte? Würde ich diese Entscheidung auch treffen, wenn niemand sonst darüber spricht? Passt diese Entscheidung zu meinem Leben und meinen Zielen?
2. Die „Greater Fool Theory“: Hauptsache, jemand zahlt später mehr
Die sogenannte Greater Fool Theory – auf Deutsch: „Theorie des größeren Narren“ – beschreibt ein riskantes Denken: Auch wenn eine Investition überbewertet ist, hoffen wir darauf, dass später jemand anderes bereit ist, noch mehr dafür zu zahlen. Das passiert nicht selten bei spekulativen Anlageformen wie Kunst oder sogenannten „Hype-Aktien“.
Dieses Verhalten ist kurzfristig gedacht. Es basiert auf dem Prinzip Hoffnung, nicht auf Analyse. Und es geht davon aus, dass immer jemand noch unvernünftiger handelt – bis der letzte „größere Narr“ übrigbleibt.
Tipp: Investieren Sie nicht in etwas, nur weil andere es tun oder weil der Preis schnell steigt. Denken Sie langfristig und steigen Sie nicht in stark volatile Anlageklassen ein.
3. Soziale Vergleiche: Wer mehr hat, scheint mehr zu können
Die Theorie des sozialen Vergleichs besagt, dass Menschen sich ständig mit anderen vergleichen. Das betrifft auch den Umgang mit Geld. Wenn Nachbarinnen oder Kollegen sich ein neues Auto oder eine Fernreise leisten, entsteht das Gefühl, mithalten zu müssen. Oft unabhängig davon, ob die eigene finanzielle Situation das erlaubt.
Das kann dazu führen, dass wir über unsere Verhältnisse leben, Kredite aufnehmen oder Investments tätigen, die wir uns eigentlich nicht leisten können – nur um „dazuzugehören“.
Tipp: Werden Sie sich Ihrer eigenen Werte bewusst. Was ist Ihnen wirklich wichtig – Sicherheit, Freiheit, Abenteuer? Ein nachhaltiger Umgang mit Geld beginnt damit, eigene Prioritäten zu setzen, statt andere zu kopieren.
4. Fehlendes Wissen und Angst vor Fehlern
Viele Menschen haben nie gelernt, mit Geld umzugehen. Finanzbildung kommt in der Schule oft zu kurz, und in vielen Familien wird kaum über Geld gesprochen. Hinzu kommt: Geldthemen sind emotional. Wer einmal eine schlechte Erfahrung gemacht hat, etwa mit Aktien oder einem Kredit, wird vorsichtiger – vielleicht zu vorsichtig.
Dabei ist finanzielle Bildung kein Hexenwerk. Die Grundlagen sind leicht zu lernen – und jede Investition in das eigene Wissen zahlt sich aus. „Wer aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen möchte, braucht ein solides Fundament an ökonomischer und finanzieller Bildung. Grundlegende Kenntnisse dieser Art befähigen zu eigenständigen, selbstbestimmten Finanzentscheidungen. Sie helfen dabei, Risiken richtig einzuschätzen und folgenschwere Fehlentscheidungen zu vermeiden“, betont der Bankenverband.
Tipp: Fangen Sie klein an. Lesen Sie regelmäßig verständliche Finanzblogs oder Bücher, nutzen Sie vertrauenswürdige Onlineangebote oder besuchen Sie Webinare. Je mehr Sie über Geld, Investitionen und Strategien lernen, desto souveräner werden Sie.
Fazit: Sie können den Umgang mit Geld lernen – Schritt für Schritt
Niemand wird als Finanzexpertin oder -experte geboren. Doch alle können lernen, klüger mit Geld umzugehen. Wer psychologische Stolperfallen erkennt, kann bewusstere Entscheidungen treffen.