Gender Wealth Gap: Vermögensunterschiede zwischen Frauen und Männern

Expertin: Handlungsbedarf besteht nicht nur beim Gehalt

5 min Lesedauer 20.07.2021
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Einkommen und Vermögen sind zwischen den Geschlechtern höchst ungleich verteilt. Weltweit verdienten Frauen durchschnittlich rund 23% weniger als Männer, sagt Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland. „Sie sind zudem häufiger in schlecht bezahlten Jobs und unter prekären Arbeitsbedingungen tätig.

Dies sei auch ein zentraler Grund dafür, dass Männer im Schnitt 50 % mehr Vermögen besäßen als Frauen. „Eine weitere Folge der geringeren Einkommen ist, dass Frauen deutlich schlechter sozial abgesichert sind und weitaus seltener Anspruch auf eine Rente haben”, betont Hauschild.

Kochen, putzen, pflegen

Diese Ungleichheit liege vor allem darin begründet, dass Frauen den Löwenanteil an unbezahlter Hausarbeit, Pflege und Fürsorge übernähmen. Kochen, waschen, putzen, einkaufen, Kinder erziehen, Kranke versorgen – diese Arbeiten werden laut Hauschild weltweit zu rund drei Vierteln von Frauen gestemmt.

„Frauen und Mädchen leisten täglich rund 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Pflege-, Fürsorge- und Hausarbeit, ohne dass dieser Wert gesellschaftlich und ökonomisch anerkannt wird”, erklärt der Experte von Oxfam. Und er hat noch eine Zahl parat: Weltweit könnten 42% aller Frauen, aber nur 6% aller Männer im erwerbsfähigen Alter wegen Fürsorge- und Pflegeaufgaben nicht arbeiten gehen und verdienten somit kein Geld. Weitere Informationen von Oxfam dazu finden sich unter anderem hier.

Corona-Pandemie vergrößert die Kluft

In der Corona-Pandemie habe sich die Ungleichheit noch verschärft: „Frauen sind überproportional in den Sektoren beschäftigt, die mit am stärksten von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind”, sagt Hauschild, etwa im Tourismus und in der Gastronomie. Frauen seien häufiger Opfer der wirtschaftlichen Corona-Folgen.

Dass die Pandemie die Gleichberechtigung der Frauen zurückgeworfen hat, zeigt auch eine Analyse der Stiftung des Weltwirtschaftsforums (WEF). Laut dem Global Gender Gap Report 2021 belegt Deutschland in einem internationalen Gleichstellungsindex nun Platz 11 von 156 Ländern, 2006 schnitt es noch als fünftbestes Land ab. „Deutschland kommt beim Indikator für Lohngleichheit bei vergleichbarer Arbeit besonders schlecht weg: Platz 97 von 156 Ländern“, berichtete nach der WEF-Veröffentlichung etwa die “Neue Zürcher Zeitung“.

135,6 Jahre bis zur Gleichberechtigung

An der Spitze platzierte sich Island, gefolgt von Finnland und Norwegen, auf den letzten Rängen landeten der Irak, Jemen sowie als Schlusslicht Afghanistan. Schon 2019 kam das WEF zu dem Schluss, dass es bei gleichbleibenden Trends 95 Jahre bis zu Gleichstellung dauern würde – nach den Entwicklungen des Coronajahres sind es 135,6 Jahre.

Gender Wealth Gap ist schwer ermittelbar

Im Vergleich zum Gender Pay Gap sei der Gender Wealth Gap relativ unerforscht, sagt Aline Zucco, die bei der Hans-Böckler-Stiftung im Referat Verteilungsanalyse und Verteilungspolitik tätig ist. „Was vor allem daran liegt, dass das Vermögen in den Befragungsdaten meist im Haushaltskontext abgefragt wird und nicht wie der Lohn auf Individualebene”, erklärt Zucco.

Allerdings konnten Studien, die sich auf Einpersonenhaushalte konzentrierten, beobachten, dass der Gender Wealth Gap vor allem in den oberen Vermögensgruppen entsteht, wie die Expertin weiter berichtet. „Weil reiche Männer ein deutlich höheres Einkommen haben als reiche Frauen.”

Vermögensverhältnisse untersucht

Forschende der Wirtschaftsuniversität (WU) in Wien haben vor einigen Jahren (2017) Vermögensunterschiede nach Geschlecht in Österreich und Deutschland auf Personenebene untersucht. „Die Analyseergebnisse zeigen, dass das Nettovermögen innerhalb von Paarhaushalten in beiden betrachteten Ländern ungleich verteilt ist und eine geschlechtsspezifische Vermögensdifferenz zu Lasten der Frauen existiert“, hieß es in der Auswertung. In österreichischen Paarhaushalten ermittelten sie ein Gender Wealth Gap von im Schnitt 58.417 Euro: Frauen in österreichischen Paarhaushalten besaßen demnach um 28 % weniger Vermögen als Männer. Für Paarhaushalte in Deutschland kamen die Forschenden auf einen durchschnittlichen Gender Wealth Gap von 40.599 Euro, also ein um 32 % niedrigeres Vermögen für Frauen.

Frauen wissen oft zu wenig über Finanzthemen

Aline Zucco betont, der wohl wichtigste Grund für die Vermögensbildung sei das Erwerbseinkommen. „Weitere Aspekte, die den Gender Wealth Gap erklären können, sind, dass Frauen im Schnitt weniger Vermögen anlegen und weniger finanzielle Bildung haben”, sagt Zucco. Frauen hätten etwa weniger Kenntnisse zu Inflationsrisiken oder zu Risikodiversifizierung. Hier bestehe Handlungsbedarf.

Die Investementplattform für Frauen Ellevest befasst sich unter anderem in „22 Ways to Fight the Gender Wealth Gap“ mit der Bekämpfung der Vermögensunterschiede und erinnert Frauen daran, sich unter anderem

  • über das Investieren zu informieren,
  • Geld in eigenen Immobilien anzulegen und
  • sich um etwaige Schulden zu kümmern.

Fünf Finanztipps für „Teilzeit ohne Verluste“ gibt der Bankenverband. „Egal ob freiwillig oder weil es nicht anders geht – es lohnt sich in jedem Fall, Teilzeitarbeit und berufliche Auszeiten bewusst zu planen“, schreibt der Verband auf seiner Website. „Das heißt vorab: das erwartete Netto-Gehalt berechnen, Rentenlücken berücksichtigen und finanziell

vorsorgen!“ Die Hinweise reichen von Planungstools wie dem Teilzeit-Netto-Rechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über Budgets und Notgroschen bis hin zu Altersvorsorge und Sparplänen.

Denn: Eine Umfrageim Auftrag des Bankenverbands 2019 ergab, dass Frauen ihre finanzielle Situation im Alter zu optimistisch einschätzen, wesentlich weniger Geld zurücklegen als Männer und dass nur jede fünfte Frau in Wertpapiere investiert.

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