Effekt & Entscheidung

Salience Bias – Was Verbraucher darüber wissen sollten

Verbrauchertipps 5 min Lesedauer 20.07.2022
Salience Bias

Der sogenannte Salience Bias beeinflusst unsere Entscheidungen – und kann dazu führen, dass wir mehr Geld ausgeben als nötig. So können sich Verbraucher gegen den Effekt schützen.

Den ganzen Tag über prasseln Informationen auf uns ein: wenn das Handy klingelt, wir im Restaurant Essen bestellen oder abends auf der Couch einen Film aussuchen. Dabei schenken wir manchen Dingen mehr Aufmerksamkeit als anderen. Warum das gefährlich sein kann und was der Salience Bias damit zu tun hat, erfahren Verbraucher hier.

Was ist Salience Bias?

Salience Bias ist ein Effekt, der Menschen ständig umgibt – bewusst oder unbewusst. Doch was steckt dahinter? „Salience Bias beschreibt, dass Menschen bei ihrer Entscheidungsfindung nicht alle möglichen Eigenschaften von einem Produkt oder Konsequenzen einer Handlung abwägen, sondern sich übermäßig auf einzelne Aspekte fokussieren, die herausstechen“, erklärt Verena Tiefenbeck, Forscherin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Verbraucher werden also bei ihren Entscheidungen von bestimmten Auffälligkeiten beeinflusst – und das kann Folgen haben.

So beeinflusst Salience Bias unseren Alltag

Ob beim Einkaufen, auf Social Media oder im Restaurant: Menschen unterliegen dem Salience Bias regelmäßig in ihrem Alltag – besonders dann, wenn sie Dinge tun, die sie gewöhnt seien, sagt Tiefenbeck. Wer beispielsweise im Supermarkt vor dem Regal steht und einen Joghurt aussucht, schaue meistens nach dem Preis oder dem zu erwartenden Geschmack. Andere Aspekte - etwa wie die Milch liefernde Kuh gehalten wurde – träten in den Hintergrund. Gerade bei Kaufentscheidungen spielt der Salience Bias eine wichtige Rolle: „Er verleitet Verbraucher zum Kauf“, erklärt Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Leiter Kompetenzfeld Verhaltensökonomik. Deshalb werde oft auch mit Nacktheit von Frauen geworben, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Warum der Effekt auch gefährlich sein kann

Dass Konsumenten nicht bei jeder Entscheidung eine Kosten-Nutzen-Abwägung vornehmen, hat etwas Positives: „Das ermöglicht uns, Entscheidungen zu treffen, ohne mehrere Stunden vor dem Supermarktregal zu stehen“, sagt Tiefenbeck. Doch Salience Bias kann auch negative Folgen haben – finanzielle beispielsweise. „Der Bias sorgt dafür, dass wir impulsive Entscheidungen treffen und nicht rational abwägen. Dadurch trifft man womöglich falsche Bauchentscheidungen und gibt mehr Geld aus“, erklärt Enste.

Ein Beispiel: Wer ein Angebot sieht, bei dem ein neues Smartphone nur einen Euro kostet, kann davon angelockt werden – ohne aber an die zukünftigen Monatsbeiträge zu denken. Die Gefahr ist laut Tiefenbeck, dass vor allem Eigenschaften in den Vordergrund treten, die kurzfristig gut erscheinen. Langfristige Ziele hingegen werden dabei nicht berücksichtigt. Das kann sich zum Beispiel nachteilig auf Sparvorhaben auswirken.

Salience Bias verhindern: So geht’s

Die gute Nachricht ist: Verbraucher sind dem Salience Bias nicht hilflos ausgeliefert. Es gibt mehrere Möglichkeiten, ihn zu vermeiden.

1. Echtzeit-Feedback

Ein effektives Mittel, um den Salience Bias zu vermeiden, ist Echtzeit-Feedback. Das konnte Tiefenbeck zusammen mit ihren Kollegen von der ETH Zürich anhand einer Studie zeigen. Denn wenn die Forscher die Teilnehmer daran erinnerten, wie viel Wasser sie während des Duschens verwenden, reduzierten sie den Verbrauch um durchschnittlich 22%. Doch wie erhalten Verbraucher ein solches Feedback im Alltag? „Es gibt immer mehr Möglichkeiten, Daten zu erfassen und so ohne erhebliche Kosten eine direkte Rückmeldung zu bekommen. Das geht mit dem Smartphone zum Beispiel“, sagt die Forscherin. Apps können etwa Daten sammeln, die einen Überblick darüber geben, wie viel Zeit man am Bildschirm verbracht hat, wie viel Schritte man gegangen ist und wie viel Geld man im Supermarkt ausgegeben hat. Mit diesem Wissen könne man als Verbraucher in relevant erachteten Bereichen bewusstere Entscheidungen treffen.

2. Bestrebungen der Politik

Auch im Verbraucherrecht hat sich einiges getan, um den Konsumenten vor Salience Bias zu schützen. Wirtschaftsexperte Enste zählt etwa das Widerrufsrecht bei Verträgen auf. Ein anderes Beispiel: Der Bundesgerichtshof hat einen Etikettenschwindel auf einer Teepackung verboten und festgehalten: Was auf der Verpackung drauf ist, muss auch drin sein. Damit soll verhindert werden, dass Verbraucher durch falsche Abbildungen, die ihre Aufmerksamkeit erregen, in die Irre geführt werden. Oft wird laut Enste versucht, den Bias mit Informationen zu überwinden. „Denn man geht davon aus, dass Verbraucher, die besser informiert sind, bessere Entscheidungen treffen können“, sagt er.

3. Sich eine Strategie überlegen

Verbraucher selbst können ebenfalls etwas tun: „Der erste Schritt ist, wahrzunehmen, dass es den Salience Bias überhaupt gibt und sich bewusst zu machen, welche eigenen Entscheidungen davon betroffen sind“, sagt Enste. Er rät, sich sogenannte Mental Accounts zu erstellen. Die Idee dahinter: Man legt vorher fest, wie viel Geld man pro Monat für Impulskäufe ausgeben möchte und achtet dann darauf, dass man diesen Betrag nicht überschreitet. Das kann man zum Beispiel auch bei uns im Online Banking machen.

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