Männer in Elternzeit

Mehr Eltern- und Teilzeit für Väter – Was muss sich ändern ?

Verbrauchertipps 5 min Lesedauer 20.07.2022
Elternzeit Vater

Zeit für ihre Kinder - das wollen nicht nur Mütter, auch viele Väter möchten das. Doch mit Elternzeit oder gar Teilzeitarbeit tun sich etliche Männer und Firmen schwer. Warum das so ist und wie sich das umkehren könnte.

Ein Baby ist unterwegs - und die Freude darüber groß. Die werdenden Eltern schmieden Pläne: Wie wollen wir das Kinderzimmer einrichten, wann kaufen wir die ersten Strampler? Und vor allem: Wer von uns nimmt Elternzeit – und was ist danach mit Teilzeit? Nach der Geburt eines Kindes treten immer noch mehrheitlich Frauen beruflich kürzer. Zwar nehmen inzwischen auch mehr Männer Elternzeit, nach wie vor sind sie aber in der Minderheit.

Finanzielle Gründe als Haupthindernis

Nach einer im August 2019 veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) lag der Anteil der Männer, die etwa im Jahr 2016 Elterngeld bezogen, bei 37 Prozent. Und von den Vätern, die zum Beispiel 2018 Elterngeld erhielten, widmeten sich die meisten (72 Prozent) nur in Höhe des Minimums von zwei Partnermonaten ausschließlich der Kindererziehung.

Hintergrund: Basiselterngeld gibt es laut Familienportal des Bundes für bis zu 12 Lebensmonate. Wenn beide Partner Elterngeld beantragen und mindestens einer davon nach der Geburt weniger Einkommen hat als davor, sogar für bis zu 14 Monate. Diese 2 zusätzlichen Monate werden „Partnermonate" genannt. Achtung: Bei den Partnermonaten werden keine Zeiten in der Rentenversicherung angerechnet für denjenigen, der "nur" 2 Monate zu Hause bleibt. 

„Befragungen zeigen, dass finanzielle Gründe das Haupthindernis in Familien darstellen“, sagt Prof. Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Väter tragen nach seinen Worten „im Durchschnitt deutlich stärker zum Familieneinkommen bei, und die Familien können häufig nicht länger auf das volle Einkommen des Vaters verzichten.“

Elternzeit und Teilzeit als „Karrierekiller“?

Neben traditionellen Rollenvorstellungen (Der Mann geht arbeiten und die Frau bleibt beim Kind) und der Ansicht, dass in den ersten Monaten eines Kindes die Mutter die „bessere“ Bezugsperson sei, gehört zu den weiteren Gründen für den Verzicht: die Angst vor negativen beruflichen Konsequenzen - Elternzeit und Teilzeit als „Karrierekiller“. Wissenschaftliche Belege hierfür gibt es laut DIW bislang nicht.

Hinzu kommt für Männer mit Aufstiegschancen und Karriereabsichten: „Man muss fürchten, dass man nicht mehr für voll genommen wird, wenn man nicht mehr rund um die Uhr arbeiten kann“, sagt Brigitte Dinkelaker. Sie leitet das Projekt Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Laut Dinkelaker liegt der Anteil der Väter, die in Teilzeit arbeiten, aktuell nur bei etwa sechs Prozent. Zwar gebe es in Unternehmen mittlerweile mehr Verständnis dafür, wenn Väter aus familiären Gründen weniger arbeiten wollten. Doch überwiegend sei es noch ein Frauenthema.

Auf Dominoeffekt setzen

Viele fragen sich: Was muss sich ändern, damit Väter in Teilzeit zur Normalität werden? „Wenn die Männer erst mal deutlich machen, was sie wollen und Elternzeit und Elterngeld beantragen, dann entsteht schnell ein Domino-Effekt“, sagt Dag Schölper, Geschäftsführer beim Bundesforum Männer. Die Organisation setzt sich als Interessenverband für eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik ein.

Sobald immer mehr Männer in Teilzeit arbeiteten, werde dies irgendwann zum Alltag gehören, ergänzt Schölper. „Nach wie vor ist es nicht wirklich üblich, dass man als Mann Familienverantwortung auch durch Anwesenheit, Fürsorgetätigkeit und Hausarbeit beweist“, sagt der Forumschef.

Vereinbarkeit von Job & Familie – für Männer wie Frauen

Auch DGB-Projektleiterin Dinkelaker ist davon überzeugt, dass Rollenvorstellungen eine wichtige Rolle spielen. Ihr Plädoyer: Für Männer wie für Frauen muss es einfacher sein, Beruf und Familie zu vereinbaren.

Voraussetzungen sind:

  • Flexible Arbeitszeiten. Die Regeln müssen dem Bedarf der Familien entsprechen.
  • Aufstiegsmöglichkeiten in Teilzeit. Gleiches gilt für Weiterbildungsoptionen.
  • Springer und zuverlässige Vertretungsregelungen erlauben es Eltern, beruhigt ihren Alltag zu meistern.
  • Geregelte Kinderbetreuung.
  • Recht auf Rückkehr zur Vollzeitarbeit, wenn ein Elternteil das möchte.

Nicht nur begeistert sein, auch in die Tat umsetzen

Damit sich Väter für Elternzeit und Teilzeitlösungen nicht nur begeistern, sondern sie künftig auch verstärkt in Anspruch nehmen, ist aber mehr nötig. Zum Beispiel:

  • Verbesserungen beim Elterngeld
    „Gut wäre es, die prozentuale Kompensation beim Elterngeld zu erhöhen, damit mehr Väter auch für eine längere Zeit Elterngeld nehmen“, erklärt IW-Ökonom Plünnecke. Dahinter steckt die Idee, die Partnermonate auf drei oder vier Monate zu erhöhen und dafür die Elterngeld-Bezugsdauer des anderen Elternteils entsprechend zu senken.
  • Vorbild sein
    Ein Geschäftsführer, der Teilzeit arbeitet – Bingo! Was aus Sicht des DGB auch helfen kann: Porträts von Papas im firmeneigenen Intranet. Oder Elternstammtische innerhalb eines Unternehmens. Das alles trägt dazu bei, dass Väter in Elternzeit oder in Teilzeit in den Köpfen der Menschen selbstverständlich werden.
  • Männer müssen sich verbünden
    Männer müssen miteinander ins Gespräch kommen, Netzwerke und Stammtische gründen, meint Schölper. Wichtig ist es aus seiner Sicht, Väter zu beraten und zu unterstützen. Angebote gibt es etwa auf der Plattform männerberatungsnetz.de des Bundesforum Männer.
  • Sich mit Müttern austauschen
    Auch der Austausch mit Müttern ist wichtig. Solidarität nutzt beiden Geschlechtern: „Vereinbarkeit ist kein Mütterthema – genauso wie es kein Vaterthema ist“, betont Gewerkschafterin Dinkelaker. „Es geht einfach alle an. Mehr denn je.“

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