Emittentenrisiko: Verstehen und senken

Bonität prüfen, Verluste begrenzen

Die Pleite der Lehmann-Bank steckte vielen Anlegerinnen und Anlegern lange Zeit in den Knochen. Im September 2008 verloren rund 50.000 Investierte einen Großteil ihres Geldes, weil ihre Lehman-Zertifikate gemeinsam mit der Bank untergingen. Was vielen damals gar nicht klar war: Wer Zertifikate kauft, trägt im Falle einer Pleite des Anbieters das Risiko eines Totalverlustes. Denn bei diesen strukturierten Wertpapieren handelt es sich um grundsätzlich ausfallbedrohte Schuldverschreibungen – und nicht, wie zum Beispiel bei Fonds, um besicherte Sondervermögen.

Wer steht hinter solchen Papieren? Anbieter von Finanzprodukten, auch Emittenten genannt, können Unternehmen, Kreditinstitute, Staaten oder öffentliche Körperschaften sein. Die von ihnen herausgegebenen Wertpapiere – Aktien, Anleihen, Schuldverschreibungen oder Derivate – unterliegen jedoch gewissen Risiken.

Der wichtigste Punkt dabei, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, ist das Emittentenrisiko. Es beschreibt die Gefahr, dass ein Emittent seine vertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann. Dazu zählen ausbleibende Zinsen, verschobene oder unterlassene Rückzahlungen und im schlimmsten Fall der vollständige Ausfall durch Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz. Für Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer ist es wichtig zu verstehen, wie dieses Risiko entsteht, wo es besonders relevant ist und welche konkreten Schritte Schutz bieten.

Grundlagen: Bonität und Ausfall

Bei Schuldverschreibungen, die auch Anleihen oder Obligation genannt werden, leihen Anleger dem Emittenten Geld und erhalten dafür Zinsen sowie eine geplante Rückzahlung. Die zentrale Größe ist die Bonität, also die Kreditwürdigkeit des Emittenten. Die Deutsche Bundesbank formuliert diese folgendermaßen: „Bonität ist die Kreditwürdigkeit eines Schuldners, also seine Fähigkeit und sein Wille, fällige Zahlungen vollständig und fristgerecht zu leisten.“ Diese Definition macht klar: Nicht nur die finanzielle Stärke des Emittenten zählt, sondern auch seine verlässliche Zahlungsbereitschaft. Fällt die Bonität, steigen Risiko und verlangte Rendite.

„Investoren achten verstärkt auf die Bonität der Anbieter“, betont Lars Brandau, Geschäftsführer des Deutschen Derivate Verbandes (DDV) im Handelsblatt. Da es sich bei Zertifikaten oder Anleihen um Schuldverschreibungen handele, sei die Bonität ein wichtiges Kriterium für das Investment. Kommt es im Extremfall zur Zahlungsunfähigkeit, drohen Zinsausfälle und Verluste bis hin zum Totalausfall. Das Emittentenrisiko ist damit ein Kernbestandteil fast aller Wertpapiere mit Fremdkapitalcharakter.

Wo das Emittentenrisiko besonders relevant ist

Das Emittentenrisiko betrifft mehrere Anlageklassen. Besonders hoch ist es bei:

  • Anleihen von Unternehmen und Staaten,
  • Zertifikaten und anderen strukturierten Wertpapieren,
  • Namensschuldverschreibungen,
  • Schuldscheinen sowie
  • börsengehandelten Schuldverschreibungen auf Rohstoffe.

Auch Tagesgeld und Festgeld unterliegen dem Risiko der Bank als Emittent, jedoch greift in der Europäischen Union die gesetzliche Einlagensicherung von bis zu 100.000 Euro pro Person und Bank.

Investmentfonds gelten in der Regel als Sondervermögen, das rechtlich getrennt vom Vermögen der Investmentgesellschaft geführt wird; hier liegt das Hauptrisiko im Marktpreis der enthaltenen Anlagen.

Bei Aktien sind Anlegerinnen Miteigentümer eines Unternehmens; sie tragen vor allem Unternehmensrisiken, nicht ein klassisches Emittentenrisiko wie bei einer Schuldverschreibung.

Konsequenzen: Von Kursschwankung bis Totalverlust

Sobald Zweifel an der Bonität eines Emittenten aufkommen, reagieren Märkte oft spontan und heftig. Kurse von Anleihen fallen, Renditen steigen, und Neuemissionen werden teurer oder unmöglich. Geraten Emittenten in Zahlungsverzug, drohen Umschuldungen, Zinsstundungen oder Quotenrückzahlungen.

Im Insolvenzfall kann es zu langen Verfahren kommen, in denen Gläubiger nach Rangklassen bedient werden. Nachrangige Papiere tragen überdurchschnittliche Verluste. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mahnt: „Sie können einen Totalverlust erleiden.“ Diese Warnung gilt besonders für Zertifikate und sonstige Schuldverschreibungen, weil die Rückzahlung vollständig vom Emittenten abhängt.

So beurteilen Sie Emittentenrisiken

  • Prüfen Sie die Bonität: Suchen Sie nach Jahresabschlüssen, Geschäftsberichten und unabhängigen Analysen. Achten Sie auf Verschuldungsgrad, Zinsdeckung und Liquiditätsreserven.
  • Lesen Sie Verkaufsprospekte und Basisinformationsblätter sorgfältig. Dort stehen klare Hinweise zu Risiken, Rang, Sicherheiten und Szenarien.
  • Verstehen Sie die Produktstruktur: Bei strukturierten Wertpapieren zählt einzig die Zahlungsfähigkeit des Emittenten, nicht die Entwicklung eines zugrunde liegenden Index allein.
  • Beziehen Sie mehrere Quellen ein: Qualitätsmedien, Aufsichtsbehörden und Verbraucherorganisationen helfen, Werbeaussagen einzuordnen.
  • Vergleichen Sie Rendite und Risiko: Extrem hohe Zinsen sind oft ein Warnsignal für erhöhte Ausfallgefahr.

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