Entnahmestrategien im Ruhestand

Wie Ihr Geld im Alter ausreicht

Entnahmestrategien

Ob Sparvermögen, Aktien oder ETFs: Viele Menschen bauen über ihr gesamtes Arbeitsleben hinweg finanzielle Rücklagen auf, um davon im Ruhestand ganz oder teilweise leben zu können. Allerdings ist diese sogenannte Ansparphase nur die halbe Miete. Denn um das gesammelte Vermögen nach dem Eintritt ins Rentenalter möglichst sinnvoll nutzen zu können, braucht es eine passende Entnahmestrategie, die alle anfallenden Kosten und Risiken berücksichtigt und minimiert.

Warum für die Entsparphase ein Plan wichtig ist

„Die sogenannte Entnahme- oder Entsparphase ist ein bisschen komplexer als die Ansparphase“, sagt Markus Schmidt-Ott, Chefredakteur bei der Online-Plattform Finanzfluss. „Die Herausforderung besteht darin, sein angespartes Vermögen so einzuteilen, dass es bis zum Lebensende reicht und nicht auf halber Strecke ausgeht.“ Neben der Frage, wie lange die Phase des sogenannten Kapitalverzehrs, in der man sein Vermögen nach und nach aufbraucht, dauern muss, gibt es noch weitere Unbekannte.

Aktien und ETFs verkaufen

Dazu gehört – genau wie bereits in der Ansparphase – die erwartete Rendite. Wer Wertpapiere verkaufen will, sollte dies zuvor sorgfältig und vor allem realistisch durchrechnen. Ein häufiger Trugschluss ist, die erwartete Durchschnittsrendite – beispielsweise 7% pro Jahr – einfach als jährliche Entnahme anzusetzen. „In der Realität gibt es Schwankungen: mal minus 20%, mal plus 15%“, erklärt Schmidt-Ott. „Deshalb sollte man einen gewissen Sicherheitsabstand zur erwarteten Rendite wählen.“ Eine sichere Entnahmerate, mit der man das Risiko minimiere, das Vermögen vorzeitig aufzuzehren, liege eher bei 3 bis 3,5%. Diese sollte jedoch je nach individueller Situation simuliert und angepasst werden.

Auch die Inflation kann eine große Rolle spielen – wer beispielsweise bestimmte regelmäßige Entnahmen plant, um das Vermögen über einen genau festgelegten Zeitraum hinweg nach und nach aufzubrauchen, muss möglicherweise umdisponieren, wenn größere Ausschläge bei die Inflation die Verbraucherpreise ausgerechnet am Anfang der Entnahmephase überdurchschnittlich ansteigen lassen.

Langlebigkeit als Risikofaktor

Eine weitere Variable, die man bei der Planung eher großzügig berechnen sollte, ist die eigene Lebenserwartung. Viele Menschen orientieren sich dabei am Durchschnitt: Bei Geburt im Jahr 2024 betrug er zum Beispiel für Frauen 83,5 Jahre und für Männer 78,9 Jahre. Doch das kann zu falschen Annahmen führen, denn: Legt man für sich selbst die offiziellen Statistiken zugrunde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man älter wird, weil der Durchschnittwert auch diejenigen Menschen berücksichtigt, die bereits als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sterben.

Stattdessen empfiehlt es sich, mit einem Alter von mindestens 90 Jahren zu planen. Wer seine Entnahmestrategie auf eine zu kurze Lebensdauer auslegt, riskiert, dass das Vermögen nicht ausreicht, um den Ruhestand finanziell abzusichern.

Marktrisiken minimieren durch Diversifikation

Von sicher bis risikoreich – für die Entsparphase gibt es verschiedene strategische Ansätze. Wer sein gesamtes Vermögen auf ein Tagesgeldkonto legt, hat Planungssicherheit: Der Betrag bleibt stabil und lässt sich leicht auf die erwartete Lebensdauer aufteilen. Gleichzeitig bleibt das Vermögen allerdings ungenutzt, und die Rendite ist oft kaum höher als die Inflation.

Am anderen Ende des strategischen Spektrums steht die Investition des gesamten Vermögens in Aktien. Dieses Vorgehen bietet die Chance auf höhere Renditen, birgt jedoch das Risiko, dass das Vermögen durch Marktschwankungen oder ungünstige Renditesequenzen vorzeitig aufgebraucht wird. „Bei diesem Extrem muss man mit einer gewissen Pleitewahrscheinlichkeit rechnen“, sagt Finanzexperte Schmidt-Ott.

Ein Mittelweg, der beide Ansätze kombiniert, besteht in der Diversifikation: Anlegerinnen und Anleger können den unmittelbaren Bedarf der bevorstehenden 10 bis 15 Jahre risikoarm anlegen, etwa in Festgeld oder Anleihen, und den Rest weiterhin in Aktien investieren. So entsteht eine ausgewogene Strategie, die Sicherheit und Wachstumschancen miteinander verbindet.

Steuern: Die wichtigsten Fallen beim Entnehmen

Auch die Steuerpflicht sollte man in der Entsparphase nicht außer Acht lassen. Auf Kapitalerträge werden in Deutschland pauschal 25% Abgeltungsteuer erhoben, hinzu kommt ein Solidaritätszuschlag von 5,5% sowie gegebenenfalls Kirchensteuer. Wer also die Entnahme konkreter Beträge plant, muss diese Abgaben auch berücksichtigen.

Dazu kommt: Bei der Entnahme greift der sogenannte FIFO-Effekt. Die Abkürzung steht für „First In, First Out“ und bedeutet, dass grundsätzlich die ältesten Anteile im Depot – die entsprechend auch den meisten Gewinn erzielt haben – zuerst verkauft werden. „Dadurch ist die Steuerlast anfangs höher und sinkt dann nach und nach“, erklärt Finanzfluss-Experte Schmidt-Ott.

Eine Möglichkeit, diesen Effekt bereits in der Ansparphase etwas abzufedern ist es, regelmäßig in Abständen von etwa zehn Jahren den ETF zu wechseln. Alternativ kann man sein Depot in mehrere Teile aufsplitten, rät Schmidt-Ott: „Das FIFO-Prinzip greift auch dann, wenn man Anteile in ein anderes Depot überträgt – die ältesten Anteile werden zuerst übertragen. Hat man das Depot auf diese Weise aufgeteilt, kann man die Teile mit dem wenigsten Gewinn zuerst verkaufen, das Prinzip umkehren und die Steuer ein bisschen optimieren.“

Risikohinweis: Die dargestellten Strategien basieren auf historischen Entwicklungen und Referenzwerten. Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse sind. Es ist daher unerlässlich, die zugrunde liegende Strategie regelmäßig auf ihre Aktualität zu überprüfen, da sich verändernde Rahmenbedingungen maßgeblich auf deren Wirksamkeit auswirken können.

Lass Deine Finanzen Fahrt aufnehmen. Mit dem Direkt-Depot.

Mal neue Ziele verfolgen und mit Wertpapieren handeln? Unser Direkt-Depot vereint viele Vorteile und macht Ihnen den Einstieg einfach.

Direkt Depot