Lohnsteuerbescheinigung verstehen

Die Lohnsteuerbescheinigung kurz erklärt

Finanzwissen 9 min Lesedauer 29.03.2022
Lohnsteuerbescheinigung

Wissen Sie eigentlich, welche Daten Ihr Arbeitgeber alljährlich dem Finanzamt übermittelt? In unserer Serie „Dokumente verstehen“ erklären wir Ihnen Abkürzungen, Fachbegriffe und Hintergrundwissen zu wichtigen Unterlagen – dieses Mal zum Thema Jahresendbescheinigung (Lohnsteuerbescheinigung).

Lohnsteuer ans Finanzamt abführen oder Beiträge für die Sozialversicherung wie Renten- oder Krankenkasse überweisen – um all das brauchen Sie sich als Arbeitnehmer nicht zu kümmern. Einen Überblick, wohin welche Beträge abgeführt wurden, bekommen Sie mit Ihrer Jahresendbescheinigung oder auch Lohnsteuerbescheinigung, die Sie meist zusammen mit Ihrem Gehaltszettel im Januar oder Februar erhalten. Auf den ersten Blick sieht das vielleicht etwas kryptisch aus, es soll Ihnen aber bei der Erstellung Ihrer Steuererklärung behilflich sein. Schauen wir uns die Lohnsteuerbescheinigung daher etwas genauer an.

Früher mussten Arbeitnehmer wie Andreas Schumacher zum Jahresende eine Lohnsteuerkarte für das darauffolgende Jahr bei Ihrem Arbeitgeber abgeben. Seit 2013 läuft alles elektronisch. Ihr Arbeitgeber ruft Ihre Daten – Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Kirchensteuermerkmale und Ihren steuerfreien Jahresbetrag – beim Bundeszentralamt für Steuern ab.

Und das steht drauf:

Allgemeine Daten: Auf der Lohnsteuerbescheinigung ist auf der linken Seite in der Regel eine Steuer-Identifikationsnummer angegeben, über die der Arbeitgeber die Lohnsteuerdaten elektronisch an das zuständige Finanzamt übermittelt. Nur wenn die Steuer-ID nicht bekannt ist, wird an dieser Stelle eine eTin-Nummer ausgewiesen. Außerdem muss Ihre Lohnsteuerbescheinigung eine Transferticket-Nummer ausweisen.

Persönliche Daten: Andreas ist Jahrgang 1968 und in Steuerklasse 1, da er ledig ist und keine Kinder hat – auf dieser Basis werden seine Steuer- und Sozialabgaben berechnet. Seine persönlichen Daten sowie die Adresse seines Arbeitgebers sind ebenfalls auf der linken Hälfte der Lohnsteuerbescheinigung aufgelistet. Auf der rechten Hälfte sind der Verdienst von Andreas und seine Abzüge zu finden.

Position 1: Andreas war im Jahr 2018 ohne Unterbrechung bei der Firma GmbH tätig. Hätte Andreas an mindestens fünf aufeinanderfolgenden Arbeitstagen keinen Anspruch auf Arbeitslohn gehabt, dann wäre die Zahl dieser Tage hinter dem Großbuchstaben „U“ angegeben. „Das wäre beispielsweise bei einem Bezug von Krankengeld nach Ablauf der Lohnfortzahlung der Fall“, erläutert Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL).

Position 2: Hier können die Großbuchstaben S, M, F oder FR angegeben sein. „S“ steht für „sonstige Bezüge“ und muss dann eingetragen werden, wenn ein Arbeitnehmer eine Einmalzahlung oder eine Nachzahlung erhalten hätte und nicht ganzjährig bei der Firma beschäftigt war. „M“ wird eingetragen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer Auswärtstätigkeit oder im Fall einer doppelten Haushaltsführung Mahlzeiten zur Verfügung gestellt hat. „F“ steht für die steuerfreie Sammelbeförderung, zum Beispiel, wenn eine Baufirma einen Trupp von Arbeitern per Bus zur ersten Tätigkeitsstätte fahren lässt. Die Großbuchstaben „FR“ sind nur für französische Grenzgänger mit Wohnort in Frankreich und Arbeitsort bei einem inländischen Arbeitgeber relevant; hiermit wird der Fiskalausgleich zwischen Frankreich und Deutschland vorweggenommen.

Position 3: An dieser Stelle ist der Bruttoarbeitslohn von Andreas einschließlich Sachbezügen aufgelistet – ohne ermäßigt besteuerte Versorgungsbezüge für mehrere Kalenderjahre und ohne ermäßigt besteuerten Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre sowie ohne ermäßigt besteuerte Entschädigungen. Wenn Andreas seine Einkommensteuererklärung macht, trägt er seinen Bruttoarbeitslohn in Anlage N (Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit) ein.

Position 4 – 6: Hier stehen die Höhe der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer – alle Abgaben wurden auf Grundlage des Bruttoarbeitslohns errechnet. Da Andreas konfessionslos ist, wird ihm auch keine Kirchensteuer abgezogen. Die Höhe der Lohnsteuer und des Solidaritätszuschlags trägt Andreas im Zuge seiner Steuererklärung ebenfalls in Anlage N ein.

Bei den Positionen 7 bis 16 hat Andreas keine Einträge – das kann natürlich bei Ihnen anders sein.

Was sich hinter den Ziffern verbirgt:

Position 7: Ist ein Ehe- oder Lebenspartner beispielsweise evangelisch und der andere Partner etwa römisch-katholisch, dann ist die Hälfte der Kirchensteuer, die auf den Ehe- oder Lebenspartner entfällt, in Position 7 der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Diese sogenannte Halbteilung gilt allerdings nicht in Bayern, Bremen und Niedersachsen. In diesen Bundesländern muss die einbehaltene Kirchensteuer immer unter Position 6 angegeben werden.

Position 8: Hier werden Versorgungsbezüge eingetragen, die Teil des Bruttoarbeitslohns sind. Darunter fallen Einnahmen, die vergleichbar mit der Rente sind und die vom Arbeitgeber oder einer betrieblichen Pensions- und Versorgungseinrichtung gezahlt werden.

Position 9 + 10: Unter bestimmten Voraussetzungen wird Arbeitslohn im Lohnsteuerabzugsverfahren ermäßigt besteuert. Dies muss in der Lohnsteuerbescheinigung getrennt vom übrigen Arbeitslohn ausgewiesen werden. Es gibt zum einen Versorgungsbezüge für mehrere Kalenderjahre (Zeile 9) und zum anderen Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit oder Entschädigungen (Zeile 10).

Unter Versorgungsbezüge für mehrere Kalenderjahre fallen etwa Nachzahlungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten. Sie werden unter Anwendung der Fünftel-Regelung besteuert. Das heißt: Mit der fiktiven Verteilung der Steuerlast auf fünf Jahre kann man zu hohe Steuern im Auszahlungsjahr vermeiden. Eine begünstigte Besteuerung von Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit (Position 10) kommt etwa bei Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich eines Arbeitnehmerjubiläums in Frage. Entschädigungen, also Abfindungen im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses, können ebenfalls nach der Fünftel-Regelung besteuert werden.

Position 11-14: Hier werden Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Kirchensteuer des Ehegatten/Lebenspartners im Fall ermäßigt besteuerter Versorgungsbezüge oder im Fall ermäßigt besteuerten Arbeitslohns für mehrere Kalenderjahre ausgewiesen.

Position 15: An dieser Stelle ist die Summe folgender Beträge aufgelistet: Kurzarbeitergeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, Zuschuss bei Beschäftigungsverbot für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während der Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften, Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sowie Aufstockungsbeträge und Zuschläge bei Altersteilzeit. Diese Leistungen sind steuerfrei.

Position 16: Hier sind Bezüge für eine Auslandstätigkeit eingetragen, die laut Doppelbesteuerungsabkommen (Zeile 16a) oder des Auslandstätigkeitserlasses (Zeile 16 b) von der Lohnsteuer befreit sind.

Position 17: Steuerfreie Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte müssen hier ausgewiesen werden. „Ein Beispiel für solche steuerfreien Arbeitgeberleistungen wäre, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Jobticket gewährt oder gleich die gesamten Kosten übernimmt“, sagt Rauhöft.

Position 18: Hier geht es noch einmal um Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte: Der Arbeitgeber kann den Betrag, den der Arbeitnehmer in seiner Steuererklärung als Entfernungspauschale unter Werbungskosten geltend machen könnte, auch mit 15 Prozent pauschal besteuern. Ist auf Seiten des Arbeitgebers eine solche Pauschalierung erfolgt, wird dieser Betrag auf die Entfernungspauschale angerechnet.

Position 19: An dieser Stelle wird die Höhe der Entschädigungen und Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre eingetragen, die nicht auf Basis der Fünftel-Regelung ermäßigt besteuert wurden. „Der Arbeitnehmer kann die ermäßigte Besteuerung in der Steuererklärung beantragen“, erläutert Rauhöft.

Position 20: Hat ein Arbeitnehmer wegen einer Auswärtstätigkeit Verpflegungsmehraufwendungen, kann der Arbeitgeber seinem Beschäftigten dies bis zur Höhe der gesetzlichen Verpflegungspauschalen von bis zu 28 Euro beziehungsweise der Auslandstagegelder steuerfrei ersetzen. Die Summe dieser Zuschüsse ist in Position 20 der Lohnsteuerbescheinigung aufzunehmen.

Position 21: Die Summe der Beträge, die der Arbeitgeber im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung steuerfrei ersetzt, stünde an Position 21 – konkret geht es um Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Aufwendungen für die Zweitwohnung sowie Umzugskosten.

Position 22 + 23: In Position 22 ist der Arbeitgeberanteil beziehungsweise –zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzulesen. Im Fall von Andreas sind das 3.136,14 Euro. Andreas hat von seinem Arbeitgeber keinen Zuschuss zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bekommen. In Position 23 ist der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgewiesen: Der Arbeitgeber hat von Andreas‘ Verdienst 3.136,14 Euro abgeführt. Im Zuge seiner Steuererklärung trägt Andreas diese Summen im Formular Vorsorgeaufwand ein.

Position 24: Wer als Arbeitnehmer freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder Mitglied einer privaten Krankenkasse ist, erhält einen steuerfreien Arbeitgeberbeitragszuschuss. Ist dies der Fall, dann ist dies in den Positionen 24a und 24b nachzulesen. Einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss zur gesetzlichen Pflegeversicherung (Position 24c) erhält ein nicht krankenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Das sind zum Beispiel Beamte oder Menschen, deren Jahresarbeitsentgelt die Entgeltgrenze (2018: 59.400 Euro, 2019: 60.750 Euro, 2020: 62.550 Euro, 2021: 64.650 Euro) überschreitet.

Position 25 – 27: Hier sind die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung aufgelistet. Konkret geht es um die Beträge, die der Arbeitgeber von Andreas‘ Einkommen an die gesetzliche Rentenversicherung, an die soziale Pflegeversicherung und an die Arbeitslosenversicherung abgeführt hat. Im Zuge seiner Steuererklärung trägt Andreas diese Beträge im Formular Vorsorgeaufwand ein.

Position 28: Wäre Andreas privat kranken- und pflegeversichert, wären hier die Beträge, die der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug steuermindernd berücksichtigt, aufgelistet. Gegebenenfalls muss eine Mindestvorsorgepauschale angegeben werden – und zwar dann, wenn der Arbeitnehmer es versäumt hat, dem Arbeitgeber die abziehbaren privaten Basiskranken- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge mitzuteilen.

Position 29 – 31: In Position 29 der Lohnsteuerbescheinigung ist die Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag angegeben – da Andreas keine Versorgungsbezüge bekommt, sind in seiner Lohnsteuerbescheinigung dieses und die nachfolgenden Felder frei. In Zeile 30 würde das Jahr des Versorgungsbeginns nachzulesen sein und in Zeile 31, bei unterjähriger Zahlung von Versorgungsbezügen, der erste und letzte Monat, für den Versorgungsbezüge gezahlt wurden.

Position 32: Hier wäre die Höhe des Versorgungsbezugs in Sonderfällen angegeben. „Das kann etwa ein Sterbegeld oder eine einmalige Kapitalzahlung sein“, sagt Rauhöft.

Position 33: An dieser Stelle würde die Höhe des ausgezahlten Kindergeldes stehen. Da Andreas kinderlos ist, entfällt das Kindergeld.

Position 34: DBA – die drei Buchstaben stehen für das „Doppelbesteuerungsabkommen“, das Deutschland mit der Türkei abgeschlossen hat. Um eine solche zu vermeiden, wird in Position 34 die Höhe des steuerlichen Freibetrags eingetragen, der vom Arbeitgeber bei der Besteuerung von Versorgungsbezügen berücksichtigt wird.

Ab Zeile 35 finden sich nur noch einige Zusatzzeilen, die für außergewöhnliche und nicht standardisierte Bezüge vorgesehen sind.

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