Ausgesorgt mit der Vier-Prozent-Regel?

Von Frugalismus und Anlagestrategien

Vier-Prozent-Regel

Viele Menschen möchten nicht bis zum gesetzlich vorgesehenen Alter von 67 Jahren arbeiten. Der Gedanke, schon mit 40 Jahren finanziell unabhängig zu sein, weckt den Traum von Selbstbestimmung – ohne Arbeitgeber, ohne Hierarchien. Ein Kernbegriff in diesem Zusammenhang ist die Vier‑Prozent‑Regel. Sie beschreibt eine Kapitalentnahme-Strategie, mit der man langfristig zuverlässig Vermögen aufbauen können soll.

Die Vier‑Prozent‑Regel geht zurück auf den US‑Finanzberater William P. Bengen, der 1994 in einer Studie historische Renditen aus den Jahren 1926 bis 1963 bei einem Portfolio mit ausgewogener Mischung aus Aktien und Anleihen untersuchte. Seine Erkenntnis: Wer jährlich vier Prozent des zu Beginn vorhandenen Kapitals entnimmt und diesen Betrag inflationsgerecht anpasst, hat sehr hohe Chancen, dass das Portfolio über 30 Jahre stabil bleibt. Die Regel war stets als ein sehr konservativer Ansatz gedacht – ein Sicherheitsnetz, kein verbindlicher Standard.

Die Regel wurde 1998 durch die Trinity‑Studie bestätigt: Drei Professoren der Trinity Universität in San Antonio (Texas) stellten sich darin die Frage, wie viel man sich monatlich aus seinem Portfolio auszahlen lassen kann, sodass das Geld ewig reicht. Ewig klappt es sicher nicht, aber das Studienergebnis zeigt, dass ein breit gestreutes Portfolio bei einer Entnahmerate von drei bis vier Prozent Entnahmerate in bis zu 30 Jahren höchstwahrscheinlich nicht aufgebraucht wird. In der öffentlichen Debatte wird die Trinity-Studie daher häufig im Zusammenhang mit Frugalismus und der Idee, früher in Rente gehen zu können, genannt.

Frugalismus und Vier-Prozent-Regel: So funktioniert‘s

Ein früher Rentenbeginn ist auch das Ziel von Frugalistinnen und Frugalisten. Sie wollen möglichst früh im Leben finanzielle Unabhängigkeit erreichen. Der Schlüssel dazu liegt in einem reduzierten Konsumverhalten und hohen Sparraten. Der vor einigen Jahren aus den USA nach Deutschland geschwappte Trend ist auch unter dem Akronym „FIRE“ bekannt – das steht für  Financial Independence, Retire Early (auf Deutsch: finanzielle Unabhängigkeit, frühe Rente.)

Viele Frugalistinnen und Frugalisten orientieren sich beim Sparen an der Vier-Prozent-Regel. Demnach braucht es einen Kapitalstock, der das 25-fache des gewünschten Jahres-Nettoeinkommens beträgt – und der erst einmal angespart werden muss.

Eine Beispielrechnung:

Gewünschtes monatliches Nettoeinkommen: 1.500 Euro

= Jahresbruttoeinkommen: 18.000 Euro

x25

= benötigter Kapitalstock: 450.000 Euro

Tipp: Im Netz gibt es verschiedene Rechner, mit denen die einzelnen Summen errechnet werden, können – zum Beispiel auf dem Portal „Finanzfluss“.

Manche Frugalistinnen und Frugalisten sparen bis zu 70 Prozent ihres Einkommens, um ihr Ziel innerhalb weniger Jahre zu erreichen. Allerdings bedeuten solche Sparquoten auch erhebliche Einschränkungen zum Beispiel beim Wohnen, bei Reisen oder Freizeitaktivitäten.

Wer sich für Frugalismus interessiert, denkt nicht nur über bewusstes Sparen nach, sondern auch darüber, wie das Ersparte sinnvoll wachsen kann. Eine attraktive Möglichkeit dafür sind Wertpapier-Sparpläne: Sie ermöglichen regelmäßige Investitionen in ETFs, Aktien oder Fonds – ganz ohne große Einmalbeträge. So lässt sich Schritt für Schritt Vermögen aufbauen, während man flexibel bleibt.

Chancen und Risiken der Vier-Prozent-Strategie

Wie jede Anlagestrategie bringt auch die Vier-Prozent-Regel Chancen und Risiken mit sich. Zu den Chancen zählen:

  • Klarer Orientierungswert: Die Regel liefert eine einfach nachvollziehbare Formel zur Berechnung des Kapitalbedarfs.
  • Motivierende Sparziele: Sie unterstützt dabei, konkrete Ziele zu definieren und aktiv am Vermögensaufbau zu arbeiten.
  • Bewusstsein für passives Einkommen: Die Regel erinnert daran, dass das Vermögen arbeiten kann – etwa über Dividenden oder Zinserträge.

Risiken der Methode sind:

  • Hohes Sparziel: Ein früher Ruhestand mit 40 erfordert sehr hohe monatliche Sparbeträge – oft weit über 5 000 Euro.
  • Marktrisiken: Börsenkrisen gerade zu Beginn der Entnahmephase können die Strategie gefährden.
  • Steuern und Abgaben: Kapitalerträge unterliegen der Abgeltungssteuer, Krankenversicherungsbeiträge und fehlende Rentenbeiträge müssen beachtet werden.
  • Lebensrisiken: Unerwartete Ereignisse wie höhere Mietkosten oder Familiengründung können das Budget stark belasten.

Wichtig zu beachten ist – wie bei allen Anlagestrategien: Die Vier-Prozent-Regel ist eine grobe Richtline, keine in Stein gemeißelte Wahrheit. Das bestätigt auch Katharina Lüth Vorständin beim Fintech-Unternehmen Raisin in der ARD-Sendung „50k“: „In 95 Prozent der Fälle hat das Geld gereicht, wenn man mehr in Aktien investiert hat. Das heißt aber auch: Nur weil es im Durchschnitt funktioniert, sollte man sich nicht zu 100 Prozent darauf verlassen.“

So nutzen Sie die Regel sinnvoll

Auch wenn ein Ruhestand mit 40 nicht für alle realistisch ist: Die Vier‑Prozent‑Regel ist ein wertvolles Werkzeug, um Klarheit über den persönlichen Finanzbedarf zu gewinnen. Sie regt dazu an, ein passives Einkommen aufzubauen, flexibel zu denken und eventuelle Zwischenziele wie Sabbaticals oder Teilzeiten ins Auge zu fassen – stets mit dem Blick auf die eigene Lebensrealität und nicht als starres Dogma.

Risikohinweis: Die dargestellten Strategien basieren auf historischen Entwicklungen und Referenzwerten. Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse sind. Es ist daher unerlässlich, die zugrunde liegende Strategie regelmäßig auf ihre Aktualität zu überprüfen, da sich verändernde Rahmenbedingungen maßgeblich auf deren Wirksamkeit auswirken können.

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