Regeln für Finfluencer? Fehlanzeige!

Risiken und fehlende Kontrolle im Blick - ZEIT für die Schule

Finfluencer beeinflussen Finanztrends – wir zeigen, wo Risiken liegen und wie Sie seriöse Tipps erkennen.

„Für Finfluencer fehlen klare Regeln“

Immer mehr junge Menschen wollen wissen, wie sie ihr Geld sinnvoll anlegen. Doch wer auf Social Media nach Tipps sucht, kann schnell bei frag­würdigen Finfluencerinnen und Finfluencern landen. Reißerische Versprechen wie „Wie du garantiert in 5 Jahren Krypto-Millionär wirst“ klingen verlockend, sind aber oft Teil von Betrugs­maschen. Und nicht nur Jugendliche tappen in diese Falle, auch viele Erwachsene lassen sich täuschen. Finanzielle Bildung kann vorbeugen und sollte daher früh beginnen – am besten schon in der Schule. Dr. Sally Peters vom Institut für Finanz­dienst­leistungen Hamburg (IFF) zeigt, wie man seriöse von unseriösen Finanz­infos unterscheidet.

Was sind Finfluencer?

Finfluencerinnen und Finfluencer sind Menschen, die auf Social Media regel­mäßig über Geld, Finanzen und Wirtschaft sprechen – und das weit über den Freundes­kreis hinaus. Die Szene ist bunt gemischt: Einige haben einen beruflichen Hintergrund in der Finanz­welt, andere sehen sich als Journalistinnen und Journalisten. Und dann gibt es auch diejenigen, die einfach aus persönlichem Interesse über ihre Erfahrungen mit Geld sprechen – ganz ohne fachlichen Hinter­grund.

„Solange man keine individualisierte Empfehlung ausspricht, kann jeder in Deutschland Finfluencer sein“, sagt Sally Peters. „Leider gibt es bisher keine klaren Regeln für die Registrierung, Lizenzierung oder die Tätigkeit von Finfluencern.“ Wichtig ist vor allem zu verstehen: Finfluencerinnen und Finfluencer geben ihre Tipps selten völlig uneigen­nützig – auch wenn sie das manchmal betonen. Sie tun es, weil sie damit auf die eine oder andere Weise selbst Geld verdienen. Im Zweifel sind offizielle Stellen wie die Verbraucher­zentralen, Stiftung Warentest oder etablierte Fach­medien die bessere Informations­quelle.

Wie verdienen Finfluencer ihr Geld?

„Viele Finfluencer kooperieren dauerhaft mit Banken, Brokern oder Krypto-Platt­formen“, sagt Sally Peters. „Andere verdienen über Affiliate-Links, die für jede vermittelte Person über ihren Link eine Provision bekommen.“ Manche Finfluencerinnen und Finfluencer generieren auch direkt über ihre Beratungs­tätigkeit Einnahmen, etwa durch Online­kurse, Coachings, E-Books oder Zugänge zu kosten­pflichtigen Gruppen. Zusätzlich können sie über Platt­formen wie TikTok oder YouTube selbst Einnahmen erzielen, beispiels­weise durch Werbe­programme. Bei einzelnen unseriösen Accounts auf Social Media sind die Einnahme­quellen oft wenig transparent. In problematischen Fällen können sie Follower in betrügerische Angebote locken – etwa vermeintliche Fest­geld­anlagen mit hohen Zinsen oder Fake-Krypto­währungen.

Andere wollen möglichst viele Menschen zum Kauf oder Verkauf von Finanz­produkten bewegen, um Kurse gezielt zu beeinflussen und selbst zu profitieren. Häufig geschieht das in Chat­gruppen, in denen sie verschleiern, dass sie eigene Anteile halten oder auf Verluste setzen. „Die Anbieter bleiben meist anonym, sodass bei Verlusten keinerlei Haftung greift“, sagt Peters. Auch scheinbar kosten­lose Chatgruppen oder sogenannte „Insider-Communities“ verfolgen oft kommerzielle Interessen.

Woran erkennen Schülerinnen und Schüler seriöse Finanzinfos?

Seriöse Finfluencerinnen und Finfluencer legen offen, wie sie mit ihren Inhalten Geld verdienen. „Transparente Geld­flüsse erkennt man an Werbe­hinweisen, Sponsoring-Vermerken, Affiliate-Links oder klar gekennzeichneten Produkt­platzierungen“, erklärt Sally Peters. Fehlen solche Hinweise, bleiben die Geld­geber meist im Hintergrund. Indizien wie Rabatt­codes oder auffällig häufig genannte Broker-Namen können darauf hindeuten, dass kommerzielle Interessen verschleiert werden. Als seriös gelten Finfluencerinnen und Finfluencer, wenn sie folgende Kriterien erfüllen:

  • Sie sind durch ein Impressum oder andere Kontakt­möglichkeiten über­prüfbar
  • Analysemethodik, Informations- und Daten­quellen sind verlinkt
  • Die Inhalte sind ausgewogen (auch Risiken, nicht nur Chancen)
  • Werbung und Eigen­interessen sind gekennzeichnet
  • Sie bewerten ihre eigenen Tipps im Rückblick und stehen offen zu Fehlern
  • Sie bauen keinen Druck zu schnellem Handeln auf
  • Es gibt keine Widersprüche zwischen den Finanztipps

Wichtig: Auch wenn ein Finfluencer oder eine Finfluencerin seriös wirkt, heißt das noch lange nicht, dass seine oder ihre Tipps automatisch zu Gewinnen führen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte genauer hinschauen: Die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (BaFin) listet auf ihrer Seite ausführliche Kriterien auf, um seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden.

Was ist bei Finanztipps auf Social Media erlaubt – und was nicht?

Allgemeine Informationen sind erlaubt, erklärt Sally Peters vom Institut für Finanz­dienst­leistungen in Hamburg. „Sobald es aber um persönliche Empfehlungen geht, die auf die individuelle Situation zugeschnitten sind, handelt es sich um eine Anlage­beratung – und dafür braucht man eine offizielle Erlaubnis“, so Peters. Diese Grenze ist schnell über­schritten – etwa dann, wenn konkrete Kauf­empfehlungen zu bestimmten Finanz­produkten ausgesprochen werden. Das Problem: Fehlende Kennzeichnungen, versteckte Werbung, Links zu nicht lizensierten Plattformen und vollmundige Erfolgs­versprechen bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Wird es konkret und liegt keine Erlaubnis vor, kann das bereits ein Verstoß sein.

Wie beeinflusst Social Media die Verbreitung von Finanzinhalten?

„Soziale Medien sind darauf ausgelegt, Inhalte mit hoher Interaktions­rate durch Likes, Kommentare und Shares bevorzugt anzuzeigen“, sagt Sally Peters. „Deshalb werden Beiträge mit Zuspitzung, emotionalem Drama oder spektakulären Erfolgs­geschichten deutlich häufiger ausgespielt als sachliche oder warnende Inhalte.“ Hype-Content und vermeintliche „Geheimtipps“ haben so teils viel größere Reichweiten als differenzierte Aufklärung. Algorithmen und automatisierte Empfehlungs­logiken – teil­weise beeinflusst durch Bots oder gekaufte Reichweite – können diesen Effekt noch verstärken. Das erschwert es Nutzerinnen und Nutzern, seriöse Informationen von manipulativen Inhalten zu unterscheiden. Als Faustregel gilt: Reichweite ist kein Seriositäts­merkmal.

Wie können Lehrkräfte Finanzbildung in ihren Unterricht einbinden?

Die Verbraucherzentrale bietet auf ihrer Themenseite zu Finfluencerinnen und Finfluencern hilf­reiche Materialien für den Unterricht – darunter Artikel, Videos, Infos zu Schulden, zur Arbeitsweise und zum verantwortungs­vollen Umgang mit Geld. Außerdem bietet sie kostenlose Online-Fortbildungen und Workshops für Schülerinnen und Schüler. Drei wichtige Grundregeln für Kinder und Jugendliche:

  • Reichweite ist kein Qualitäts­merkmal: Nur weil ein Beitrag oft geteilt wird, heißt das nicht, dass er auch stimmt.
  • Schneller Reichtum und konkrete Kauf­empfehlungen sind ein Warnzeichen und oft unseriös.
  • Finfluencerinnen und Finfluencer – gute wie schlechte – teilen ihr Wissen nicht uneigen­nützig, sie verdienen damit ihr Geld.

Zur Person

Dr. Sally Peters ist Geschäfts­führende Direktorin am Institut für Finanz­dienst­leistungen Hamburg (IFF). Sie arbeitet zu verbraucher­orientierten Finanz­themen und entwickelt praxis­nahe Lösungen für faire und verständliche Finanz­produkte. Mit Projekten, Workshops und Publikationen stärkt sie Finanz­bildung und Verbraucher­schutz und bringt evidenz­basierte Empfehlungen in Politik und Praxis ein.

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