Wertpapierverluste richtig verrechnen
Hier die wichtigsten Regeln zum Thema Kapitalverluste und Steuern.
Die letzten Jahre waren für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Finanzmärkten nicht immer einfach. Man denke nur an die Corona-Pandemie, als die Kurse weltweit in die Tiefe rauschten, oder den Überfall Russlands auf die Ukraine, der eine Energiekrise in Europa nach sich zog. Aktuell sorgt die Präsidentschaft von Donald Trump in den USA und eine sich hinziehende maue Konjunktur in vielen Industrieländern für Unsicherheit an den Börsen. Viele Börsianerinnen und Börsianer müssen daher mit Schwankungen und Verlusten klarkommen.
Jahressteuergesetz 2024 erleichtert Verlustverrechnung
Ein kleiner Trost dürfte daher für Kapitalanlegende sein, dass ein an den Finanzmärkten verzeichneter Verlust mit Gewinnen bei der Berechnung der Kapitalertragsteuer berücksichtigt werden kann. Wichtig zu verstehen ist hierbei der Unterschied zwischen papiernen und realisierten Verlusten. Nur tatsächlich realisierte Verluste, die durch den Verkauf von Wertpapieren entstehen, können steuerlich geltend gemacht werden. Ein reiner Kursverlust, bei dem die Wertpapiere weiter im Depot liegen, zählt nicht.
Das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) hat die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten für Anlegende ein weiteres Stück einfacher gemacht. So fällt die bis dato seit 2021 bestehende Beschränkung bei Verlustverrechnungen und dem Ausfall privater Kapitalanlagen wieder weg. Dies betrifft auch allgemeine „wertlose Sachverhalte“, wie Verluste aus Ausbuchungen wertloser Wertpapiere, Verkäufe zu 0,00 Euro und wertlose Fälligkeiten im Bereich Optionen/Knockouts.
„Jetzt können Anleger Totalverluste wieder unbegrenzt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnen“, sagt Udo Reuß, Senior Tax Specialist beim Steuersoftwareanbieter Buhl. „Mit dieser rückwirkenden Gesetzesänderung kommt der Gesetzgeber einem Urteil des Bundesfinanzhofs zuvor, der bereits verfassungsrechtliche Zweifel an der beschränkten Verlustverrechnung geäußert hat.“
Gut zu wissen: Depotbanken haben für die technische Umsetzung der Neuregelung bis Ende 2025 Zeit. Udo Reuß empfiehlt daher: „Betroffene Anleger sollten die in der Jahressteuerbescheinigung ausgewiesenen steuerpflichtigen Erträge besonders prüfen. Hat die Depotbank einen Verlust oder einen Totalverlust nicht vollumfänglich abgezogen, können sie das in ihrer Steuererklärung korrigieren.“ Die ING hat diese Änderungen übrigens bereits zum Jahresanfang umgesetzt, sodass alle Verluste aus diesen Sachverhalten schon jetzt automatisch über die bankinterne Verlustverrechnung für die Kundinnen und Kunden laufen.
JStG 2024 ist nicht der große Wurf
Anders die Situation bei Verlusten aus Aktien-Veräußerungen. Zu einem größeren Wurf hat sich der Gesetzgeber im JStG 2024 nicht durchringen können. Hier bleibt es bei der seit dem Jahr 2009 geltenden beschränkten gattungsgleichen Verlustverrechnung. Reuß, der auch Autor von Steuerrechtsratgebern bei der Stiftung Warentest ist, fasst zusammen: „Verluste aus Aktienverkäufen dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Hingegen können Gewinne aus Aktienverkäufen mit allen anderen Verlusten im Bereich der Kapitalerträge verrechnet werden.“
Demnach führen Banken für unterschiedliche Finanzprodukte sogenannte Verlusttöpfe: einen Verlustverrechnungskreis für Aktien und einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf. Ob das verfassungskonform ist, hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Az.: 2 BvL 3/21). Eine Entscheidung hierzu ist noch nicht gefallen.
Aktienverlustverrechnungstopf:
- Gewinne aus Aktien
- Verluste aus Aktien
Allgemeiner Verlustverrechnungstopf:
- Gewinne & Verluste aus den übrigen Assetklassen, ETFs, Investmentfonds, Anleihen, Zinsen, Dividenden.
Verrechnung in der Steuererklärung
Wer Wertpapierverluste und Wertpapiergewinne bei unterschiedlichen Kreditinstituten erzielt hat und diese steuerlich miteinander verrechnen möchte, sollte die Anlage KAP bei seiner Steuererklärung ausfüllen und die realisierten Verluste beim Finanzamt nachweisen können. Bei einem Depot bei einer einzigen Bank erfolgt die Verlustverrechnung automatisch. Die entsprechenden Beträge sind in der jährlichen Steuerbescheinigung enthalten, die die Geldhäuser an ihre Kunden verschicken.
Wer allerdings Depots bei unterschiedlichen Banken hat, muss bei realisierten Verlusten eine sogenannte Verlustbescheinigung beantragen. Die Frist für den Antrag endet am 15. Dezember des jeweiligen Jahres. So können über die Steuererklärung die darin bescheinigten Verluste mit den entsprechend bescheinigten positiven Kapitalerträgen von anderen Kreditinstituten verrechnet werden.
Gut zu wissen: Auch Verluste, die aus Kapitalanlagen bei Depotbanken im Ausland aufgelaufen sind, können Anlegende geltend machen. Dafür müssen sie dem Finanzamt detaillierte Erträgnisaufstellungen und Steuerreports nach deutschem Steuerrecht vorlegen.
Zweite Chance auf Anerkennung eines Minus
Für den Fall, dass keine Verlustbescheinigung innerhalb der Frist beantragt wurde, trägt das Finanzinstitut die bis Jahresende noch nicht verrechneten Verluste ins neue Jahr vor. Wer beispielsweise 2024 einen steuerpflichtigen Gewinn erzielt, bekommt von der Bank vor dem Abzug der Abgeltungsteuer den Verlust abgezogen. Dies gilt nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Verrechnung mit Verlusten erfüllt sind und beispielsweise aus dem Vorjahr übernommene Aktienverluste mit aktuellen Aktiengewinnen verrechnet werden können.
Banken behalten dann pauschal 25 Prozent Abgeltungsteuer für Kapitalerträge wie beispielsweise Zinsen, Dividenden und Gewinne aus Aktien- und Fondsverkäufen ein. Hinzu kommt noch der Solidaritätszuschlag und bei Mitgliedern einer Kirche zudem die Kirchensteuer. Die Geldhäuser leiten die Abgaben an den Fiskus weiter. Wer neben verlustreichen Wertpapiergeschäften den Sparerfreibetrag in Höhe von 1.000 Euro je Anlegenden (2.000 Euro für zusammenveranlagte Ehepaare) nicht beantragt oder ausgeschöpft hat, kann beides durch die Abgabe der Anlage KAP nachholen.